Durchblick Dienstag #4

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14. Mai – jeden Dienstag beantworte ich Fragen aus der warenausgang.com-Community zu aktuellen Themen, Strategien oder Grundsatzdiskussionen aus dem B2B Digital Commerce. Heute: Der Zusammenschluss von ERIKS Digital und Zamro und MRO Digital

Was steckt hinter dem Zusammenschluss von Eriks Digital und Zamro? Fehlt da Geduld und Kapital, das aufzubauen? Oder macht es einfach keinen Sinn mehr, sich mit Amazon Business u.a. um dieselben Kunden zu raufen? (Frage von Günther)

Anm.: Die Frage bezieht sich auf diese Pressemeldung: “Zamro und ERIKS schließen sich zusammen

Ich war im Dezember in Amsterdam und habe ERIKS Digital besuchen dürfen. Damals hatte ich nicht das Gefühl, dass die Geduld oder das Geld ausgeht, ganz im Gegenteil. Schönes, neues Büro, viele Leute und gespannte Betriebsamkeit. Zur Erklärung der Grundsituation:

  • ERIKS ist mit ca. 2 Mrd. EUR Umsatz global, 900 Mio. EUR Umsatz in Kontinentaleuropa, 400 Mio. EUR in den Niederlanden und 220 Mio. EUR in Deutschland (Quelle: Westfalen-Blatt) ein mittelständisches Unternehmen, das allem Anschein nach im Kerngeschäft noch immer gutes Wachstumspotenzial sieht und dort rein investiert.
  • Zamro war das 2016 von ERIKS auf Intershop-Technologie gelaunchte E-Commerce-Pure-Play-Schnellboot, das vor allem kleinere Kunden online ansprechen sollte (die Zamro-Story auf warenausgang.com gibt es hier) und am 08. April mit dem ERIKS Webshop zusammengeschlossen wurde.
  • Wenn ERIKS nun seine gesamten (aber limitierten) Digitalressourcen (Zamro gehört ebenfalls zu ERIKS) auf die am meisten Erfolg versprechenden Themen verteilt und “Zamro” dabei herausfällt, dann wohl aus dem Grund, dass andere Themen mehr wirtschaftlichen Erfolg versprechen.

Von daher ist die Essenz des Artikels, das “Kräfte bündeln”, sicher nicht falsch. Ich schätze mal, das ERIKS dadurch nicht weniger Geld für digitale Aktivitäten ausgibt, sondern es einfach anders investiert. Es zeigt auch, dass es keine romantische Vorstellung von E-Commerce bei ERIKS gibt. Man hat Zamro als alleinstehendes Geschäftsmodell ausprobiert und festgestellt, dass es aus wirtschaftlicher Sicht schlauere Dinge gibt, die man tun muss, um weiter im Markt wachsen zu können. Ich gehe mal Andererseits sieht man ja am Beispiel Contorion, wie viel Kapital notwendig ist, um ein derartiges Online Pure Play Modell aufzubauen. An diesem Beispiel lässt sich für ERIKS ableiten, dass man mindestens 100 – 150 Mio. EUR über vier bis fünf Jahre investieren müsste, um in ähnliche Sphären zu kommen.

Ich habe in der Würth-Gruppe als “Unternehmer im Unternehmen” einmal eine ähnliche Situation erlebt und kann die Entscheidung von ERIKS nachvollziehen. Wer eine derart gehobene Anzahl an Ressourcen (Know-how und Kapital) auf die Entwicklung digitaler Potenziale im Kerngeschäft konzentriert, wie ERIKS das jetzt tun kann, der hat alle Chancen, sein Kerngeschäft und seinen Kundenzugang erfolgreich gegen Amazon Business und Co. zu verteidigen und zu wachsen. Beispiele dafür gibt es genug, im Großen (Würth-Gruppe, wächst 2018 auf 13,6 Mrd. EUR Umsatz) und im Kleinen (Ludwig Meister, wächst auch, siehe Kassenzone: Der beste technische Großhändler – Max Meister von Ludwig Meister). In beiden Beispielen wird auch hauptsächlich (Würth) oder ausschließlich (Meister) in die Digitalisierung im Kerngeschäft investiert.

Gibt es aus deiner Sicht ein erfolgreiches Standalone E-Commerce-MRO-Business und warum gibt es das nicht im Verhältnis zur globalen Marktgröße? (Frage von Johannes)

Ich glaube nach wie vor, dass Grainger mit MonotaRo in Japan und Zoro.com in den USA zwei Fälle geschaffen haben, die in ihren lokalen Märkten zeigen, dass so etwas möglich ist. MonotaRo ist im Jahr 2001 zwar nicht als Online Pure Player gestartet, hat sich jedoch zu einem entwickelt und ist im südostasiatischen Raum der führende Online-Anbieter von MRO-Artikeln. Der Umsatz betrug 2018 umgerechnet ca. 888 Mio. EUR. Das entspricht einem Wachstum von 24% gegenüber 2017, die 5-Jahres-CAGR (Compound Annual Growth Rate bzw. jährlich durchschnittliches Wachstum) beträgt 24%. Der EBIT beläuft sich auf 12,5% in 2018. (Quelle: Finanzen.net) Das Unternehmen ist laut Forbes 3,7 Mrd. US-Dollar wert.

Aus berufenen Mündern habe ich viel Positives über das japanische Unternehmen gehört, selbst besucht habe ich es leider noch nicht. MonotaRo spricht bei einem Kunden erst von “Kunde”, wenn er mindestens 10x bei MonotaRo bestellt hat. Der Katalog wird wöchentlich um über 2.000 Artikel erweitert. In den letzten fünf Jahren wurde die Expansion in weitere asiatische Länder, wie China, Südkorea oder Indonesien, gestartet.

Warum gibt es das nicht in Europa, obwohl bei den etablierten Marktteilnehmern die E-Commerce-Umsätze überproportional steigen? Den einen “MonotaRo” sehe ich in Europa tatsächlich auch nicht. Selbst Contorion kommt dort nicht ran, hier wird es sowieso spannend bleiben, wie sich das Unternehmen nach der Hoffmann-Übernahme weiterentwickelt. Andererseits sehe ich im stark fragmentierten, europäischen MRO-Markt eine Menge Player, die dem “Online Pure Play” zuzuordnen sind und in Summe bereits einen relevanten Umsatzanteil auf sich vereinen. Dazu gehören z.B. Screwfix und Toolstation in UK oder das Volumen, das mutmaßlich bereits über Amazon und Amazon Business eingekauft wird. Dazu gehören aber auch Shops wie svh24, der mittlerweile ca. 35 Mio. EUR Umsatz machen dürfte, oder Böttcher, die 2018 365 Mio. EUR erwirtschafteten.

Die sich verschiebenden Umsatzvolumen sind leider nur schwer in Zahlen zu greifen. Ich widme mich gerne mal einer tieferen Analyse, wenn ich dafür Zeit habe. Mein Tipp wäre, dass der “Pure Play” Umsatz am Gesamt-MRO-Umsatz mittlerweile um die 5% betragen dürfte. Genug also, dass es anfängt, manche tradierten Händler und Verbände ganz schön zu nerven.

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