Toolineo: Ich glaub es gEDEht schon wieder los

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Wuppertal, 01. März 2017. Das darf doch wohl nicht wahr sein, mag da mancher denken. Der Bericht im Dezember über Sinn und Unsinn von Toolineo hat in den Kommentaren und per persönlicher Nachrichten viel Zuspruch erhalten. Sogar aus Hersteller- und Händlerkreisen des EDE gab es das Feedback, dass die Einschätzung der Realität ziemlich gut entspricht. Einige haben in den letzten Wochen nach einem Update zu Toolineo gefragt. Dem Wunsch möchte ich gerne nachkommen, bevor wir das Kapitel aber hoffentlich für eine Weile zuklappen können.

Außer dem EDE scheint niemand Toolineo gut zu finden

Neun Wochen, nach den vollmundigen Versprechen aus den Pressemitteilungen ist es also nochmal Zeit, die Aussagen einem Faktencheck zu unterziehen. Was hat sich in der Zwischenzeit getan? Per Ende Dezember waren 17 Händler sichtbar auf der Plattform vertreten. Statt der angekündigten 30 Händlern (“Neue Händler kommen stetig hinzu.”) stagniert die Zahl weiterhin bei 19. Drei neue kamen hinzu, einer hat schon wieder aufgegeben. Oder wie Toolineo es wohl formulieren würde: Rasantes Wachstum: 19% mehr Händler in zwei Monaten!

“Die Strategie ist altbacken. Das hat nichts mit modernen E-Commerce Systemen zu tun.”

Leserkommentar (via E-Mail)

Toolineo tritt also weiter auf der Stelle und ist noch immer eher ein Marktplätzchen denn ein Marktplatz. Händler wie Schubert Tacke aus Velbert oder Werkzeug Weber aus Aschaffenburg erkennen offensichtlich keinen Mehrwert in der Plattform und kehren ihr wieder den Rücken. Oder sie haben es – natürlich im übertragenen Sinne – einfach satt, ständig mit Messern bewaffnet in eine Schießerei zu geraten.

Rückläufiges Sortiment und die Legende der Markenshops

Die folgende Tabelle sagt alles über das Sortimentswachstum Toolineos in den ersten zwei Monaten 2017 aus.

Sortiment 12/2016 Sortiment 03/2017 Veränderung
80.000 75.000 -6,3%

Auch zum Thema Markenshops gibt es nichts Neues zu vermelden. Noch immer steht die Aussage im Raum, dass sich für Markenhersteller eine Kooperation mit Toolineo lohnt und die ersten Erfahrungen mit Markenshops sehr vielversprechend sind. Doch noch immer sind die sogenannten “Markenshops” bei Toolineo keine Markenshops, sondern Suchfilter. In der Branche sollen bereits intern Wetten laufen, ob Toolineo die Markenshops noch vor der Eröffnung des BER launcht.

Ein "Markenshop", Toolineo-Style. SIe sehen, dass Sie (fast) nichts sehen (Quelle: Screenshot Toolineo).
Ein “Markenshop”, Toolineo-Style. SIe sehen, dass Sie (fast) nichts sehen (Quelle: Screenshot Toolineo).

Hersteller zur Kasse bitte!

Aus Herstellerkreisen ist zu hören, dass Toolineo bzw. das EDE nun um finanzielle Unterstützung für den Aufbau der Markenshops bittet. Von mittleren fünfstelligen Summen ist hierbei die Rede. Ungefähr das, was große Plattformen wie Conrad aufrufen, um Marken ihr Premium-Paket anzubieten. Was macht man da als Hersteller? Denkt man an die Hundertausende bzw. Millionen Euro Umsatz, die man mit dem klassischen EDE-Geschäft macht und überweist, zähneknirschend?

Hersteller, die an Procato beteiligt waren, dürften hier ihre Lektion schon gelernt haben. Frei nach der Weißheit der Dakota Indianer: “Wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab”, könnte es hier heißen: “Füttere kein totes Pferd” oder “Wenn das Pferd schon tot ist, bevor du in den Stall kommst, steig erst garnicht auf”. Mit klaren Worten: Kein Applaus für Scheiße. Lieber mal nein sagen und in sinnvolle digitale Geschäftsmodelle investieren.

Wuppertals rosaroteste Brille

Immerhin wird an der Berliner Katastrophenbaustelle mittlerweile nichts mehr beschönigt. Anders in Wuppertal bei Toolineo. In der aktuellen Ausgabe des PVH-Magazins, der Haus- und Hofzeitung des EDE, finden sich wunderbare Formulierungen wie:

  • „Die wichtigste Erkenntnis nach einem Jahr Live-Betrieb lautet: Wir haben inzwischen alle Grundlagen gelegt für ein dynamisches und nachhaltiges Wachstum“
  • “Mit den aktuell in Bearbeitung befindlichen Produkten sind die 100 000 Artikel in Reichweite”

Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht, dass man besser mal anfangen sollte, dynamisch zu wachsen – und zwar in allen Bereichen. Die 100.000 Artikel sind vielleicht in Reichweite – dumm nur, dass diese Beobachtung wohl aus dem Rückspiegel gemacht wird. Es wird berichtet, als handle es sich um ganz großes Tennis, Wimbledon oder Flushing Meadows. Nur: was man sieht, hat mit Grand Slam wenig zu tun. Nicht mal mit Tischtennis, Wuppertaler Stadtmeisterschaft (Disclaimer: Tischtennis ist ein toller Sport und Tischtennisspieler sind respektable Sportler).

Weitere Sätze (wohlgemerkt kurz aufeinander folgend) für die Ewigkeit:

  • “Mit einer konsequenten Orientierung an den Bedürfnissen der Händler ist unser Marktplatz einmalig“
  • “Die Kundenfokussierung steht dabei noch vor der Händlerorientierung – denn nur dann kann den Kunden ein nachhaltig überzeugendes Angebot präsentiert werden.“

Ja was denn nun? Händlerfokussierung? Kundenfokussierung? Das erste wäre sicherlich die falsche Wahl. Und Kundenfokussierung? Geschenkt!

  • “Dazu messen die Marktplatz-Betreiber regelmäßig die Mausbewegungen aller Nutzer, die auf Toolineo unterwegs sind. Außerdem lädt das Toolineo Team regelmäßig Handwerker aus den Kernzielgruppen zum Test in sogenannte Usability-Labs ein.”

Das ist grundsätzlich nicht schlecht. Doch wirkt es so, als wolle man im PVH-Magazin somit signalisieren, dass man “bei den ganz Großen” mitspielt. Der Onliner hingegen denkt: “Opa erzählt vom Krieg” und “Das ist so 2014”. Zudem fragt man sich, was in den Usability Labs eigentlich sonst so getrieben wird. Dass der Content und die Usability teilweise sehr schlecht und lückenhaft sind, ist dort anscheinend noch nicht aufgefallen.

Lägen Dichtung und Wahrheit nicht so weit auseinander – fast könnte man meinen, dass Toolineo, wie einst Procato, nur der Falsifizierung des Fachhandels-Marktplatz-Ansatzes dient.

Der vorerst letzte Höhepunkt

Auch der Baumarktmanager stolperte kürzlich über die Toolineo-Thematik. “Spekulation und Gegendarstellung” heißt der Artikel vielversprechend. Wirklich neue Erkenntnisse enthält der Artikel zunächst nicht. Der EDE beschränkt sich auf die gebetsmühlenartige Wiederholung seiner “Alles ist super!” Aussagen. Außerdem ist im Artikel nicht von den unerreichten 30, sondern gar schon von 50 Händlern und 200.000 Artikeln bis Jahresende die Rede. Lustig ist auch diese Passage:

“Demnach konnte Toolineo den Traffic seiner Unique User von monatlich 140.000 Besuchern im Sommer auf über 300.000 im Dezember mehr als verdoppeln. Der etablierte Wettbewerber Contorion bringt es jedoch auf stabile 500.000. Ob der Zuwachs also dauerhaft ausreicht, bleibt für Branchenbeobachter fraglich. Immerhin, räumt man ein, habe das E/D/E möglicherweise selbst Handlungsbedarf ausgemacht und arbeite bereits am Problem. So könnte die Optimierung der Seite für Suchmaschinen und/oder die Erweiterung des Sortiments zu positiven Impulsen geführt haben.”

Baumarktmanager (online)

Man hat also Handlungsbedarf ausgemacht. Vielleicht ist man etwas überrascht, dass die Kunden dem Marktplatz nicht allein aufgrund seiner schieren Existenz die Waren aus der digitalen Hand reißen. “Etablierte” Wettbewerber wie Contorion (1 Jahr länger am Markt, Anm. d. Autors) übertrumpfen Toolineo also bislang bei Weitem.

Und die Verdoppelung der Besucher von 140.000 auf 300.000 binnen eines halben Jahres? Sehen Sie selbst:

Wie gewonnen, so zeronnen: von "nachhaltig und dynamisch" keine Spur im Wachstum von Toolineo (Quelle: Screenshot Similarweb).
Wie gewonnen, so zeronnen: von “nachhaltig und dynamisch” keine Spur im Wachstum von Toolineo (Quelle: Screenshot Similarweb).

“Nachhaltig und dynamisch”, so wie Toolineo und der EDE das “Wachstum” gerne beschreiben, ist dies wahrlich nicht. Es sieht eher so aus, als habe man sich im Dezember an einem “Burn Money, Burn” Marketingstunt versucht. Vielleicht war es ja die Gutscheinaktion auf “mydealz.de” (10 EUR + Versandkostenfreiheit), die für den kurzzeitigen Anstieg sorgte. Sucht man bei Google nach “Toolineo mydealz”, kann man in den Abgrund der deutschen Gutschein-Sammler blicken:

  • “jetzt ist die Seite überlastet.”
  • “Mega-Hot. Danke! Habe mal ein Abisolierwerkzeug bestellt für umme. Mal sehen, ob es klappt.”
  • “Kein Storno und auch kein Paket. Auftragsbestätigung ebenso keine.”
  • “Habe heute komischerweise meine per KK gezahlten 0,54€ zurückbekommen? Ware ist aber dennoch vor einigen Tagen geliefert worden. Wie soll ich da”
  • “Bei mir wurde der volle Betrag – also 10 Euro zuviel – der Kreditkarte belastet.”
  • “Bei mir steht in der Rechnung Bank: ETRIS BANK Zahlungsempfänger: ETRIS BANK Habt ihr das so überwiesen? Empänger müsste doch Toolineo o.ä. sein….”

Anscheinend schafft Toolineo es nicht mal, ein Jahr (!) nach dem Launch einen einfachen Gutscheincode abzuwickeln. Das kannst du dir nicht ausdenken. Ein absolutes Desaster. Mein Lieblingskommentar: “Bei mir kam heute sogar eine Bestellung an, die bei der Bezahlung mit Kreditkarte einen Timeout hatte”. Ratet mal, wer so schnell keine Gutscheinaktion mehr macht.

Fazit: Toolineedu

Es ist völlig irrelevant, ob 20, 30 oder 50 Händler auf Toolineo vertreten sind. Es ist völlig irrelevant, ob man 100.000, 200.000 oder 300.000 Artikel auf dem Marktplatz hat. Auch ist es völlig Wurst, ob eine, zwei oder drei Millionen Euro Handelsvolumen auf der Plattform abgewickelt werden. Die Chance, in dem mittlerweile sehr wettbewerbsintensiven Umfeld das richtige Ambitionslevel zu setzen und daraufhin in kurzer Zeit eine kritische Größe zu erreichen, hat Toolineo verpasst.

Mittlerweile dürfte klar sein, dass dieses Geschäftsmodell nicht mehr abhebt. Die Frage ist nur, wann die Startbahn ausgeht. Und vom Schrottplatz hinter dem Zaun winkt schweigend Procato, mittlerweile abgewrackt und entkernt. So passt hier auch das Zitat von Alexander Graf, Herausgeber von Kassenzone.de, das ursprünglich für Procato galt:

“Ich will hier gar nicht den Eindruck entstehen lassen, dass „wir“ digitale Superexperten das alles besser wussten, aber ein Geschäftsmodell zu starten, dass ohne echten USP für den Kunden daherkommt…. dazu gehört schon eine gewissen Portion Doofheit.

Alexander Graf, Kassenzone.de

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10 Kommentare

  1. Nach einigen Jahren der gedanklichen Abstinenz habe ich mich kürzlich wieder einmal mit dem grünen “Riesen” in W´tal beschäftigt. Besser gesagt, der Gedanke wurde mir von einem Head Hunter förmlich aufgedrängt.

    Als Mitstreiter der Mutter aller Rohrkrepierer (ProfiPortal anno 2001-2003) kann ich heute sagen, dass es entweder mega schlechtes Karma sein muss, dass das EDE Marktplatzprojekte allesamt und kolossal vergeigt oder eine fast göttliche Fügung dem Rest der Welt zeigen will wie man es NICHT macht.

    Vielleicht können sich die bergischen Heimatforscher mal schlau machen, ob der seniorige Dr. T (Mr.T) die grüne Linse auf einem alten Indianergrab errichtet hat. Damit hätte man endlich mal eine plausible Entschuldigung für all die verkackten Projekte.

    Mag sein, dass auch die Personalauswahl in den Föhreretagen – sagen wir mal – nicht wenig daneben lag. Ich werde niemals die Anekdote vergessen, nach der ein Hagener EDE-Händler nach W´tal kabelte: ” Wenn Ihr mir DEN (Geschäftsbereichleiter, Name dem Verfasser bekannt) noch einmal schickt, lass ich die Hunde frei”

    Ich werde das Geschehen aus sicherer Entfernung weiter beobachten und nicht im Erstaunen nachlassen, dass es den Laden immer noch gibt. Das immerhin ist ein Zeichen der Stärke. Jedes andere Unternehmen mit dieser InnovationsChallengeAlleswirdgutProjektverkackrate wäre längst pleite.

    Ein fröhliches Horrido an alle ehemaligen Ehemaligen und alle zukünftigen Ehemaligen 😉

  2. Sehr geehrter Herr Paul,

    spitz wie ein Nagel und selbigen treffen Sie (wie auch mit dem letzten Artikel) voll auf den Kopf. Allerdings ist Toolineedu für das E/D/E doch eher ein kleiner Nebenkriegsschauplatz. Das Desaster E/D/E ist deutlich tiefgründiger.

    Jahrzehnte stand das E/D/E für Vertrauen, Kontinuität, Verbindlichkeit und Berechenbarkeit, diesen Pfad der Tugend hat man jedoch seit vielen Jahren dynamisch und nachhaltig verlassen. Man führt sich buchstäblich wie „der Elefant im Prozellanladen“ auf und missachtet konsequent Spielregeln, welche für ehrenbare Kaufleute eigentlich selbstverständlich sein sollten. Ob Mitglieder, Lieferanten, Marktbegleiter oder Mitarbeiter. Auch hier kein Applaus für Scheiße!

    Diese Unberechenbarkeit äußert sich nun sicherlich nicht zuletzt auch bei der fehlenden Akzeptanz für Toolineo. Die Mitglieder und Lieferanten trauen dem E/D/E nicht und unterstützen es demnach auch nicht. Aber es ist wie bereits erwähnt nur die Spitze des Eisbergs.

    „Außer dem E/D/E scheint niemand Toolineo gut zu finden“ könnte man auch mit „E/D/E scheint niemand gut zu finden, noch nicht einmal ein Großteil des E/D/E selbst“ ergänzen.

    Ob nun 10, 20 oder 30 Millionen in Toolineo versenkt werden ist ebenfalls völlig Wurst. Das ist nur etwas Spielgeld für den Junior und seine Schergen hier.

    Weiterhin viel Erfolg bei der (R)Evolution.

      1. Ja, Ja das liebe EDE.
        Nachdem nun erkannt wurde dass das toolineo Konzept nicht tragfähig ist und stümperhaft aufgesetzt wurde, wird nun überlegt die lästigen Händler, die nach EDE / toolineo interner Sicht für das Versagen verantwortlich sind, einfach zu eliminieren und mit EDE/toolineo direkt an den Markt zu gehen.

        Also Ruder rum reißen und aus einen Marktplatz machen wir mal eben einen Shop wie contorion und dann ist die Welt wieder in Ordnung und wir „spielen“ wieder mit den Großen. Die Idee klingt plausibel und ist aus Sicht des EDEs durchaus nachvollziehbar. Dafür wird kein Handel benötigt. Mit dem ELC Lager und der Etris Bank ist die Basis für den Direktvertrieb schon lange gelegt. Dass die Händler zukünftig neutral (ohne Nennung) angebunden werden sollen ist eine Beruhigungspille die dem Handel hingeworfen wird und dient nur dem EDE.
        Um nun den ahnungslosen Händlern dieses Konzept schmackhaft zu machen, ist die EDE Geschäftsleitung ausgeschwärmt um aktive Lobbyarbeit für das Konzept zu betreiben. Jedem sollte jedoch dabei klar sein das wenn das EDE direkt geht, ein neuer schlagkräftiger Wettbewerber entsteht der nachhaltig die Leistungsfähigkeit des Handels schwächt und nur der Gewinnmaximierung des EDEs dient.
        Darüber hinaus wird der Verbund der Händler mit dem EDE an der Spitze als Sprachrohr und Interessenvertretung nach und nach aufgelöst, was nur einem Würth, Hoffmann und Direktlieferungsambitionen eines Bosch und co. dient. Ganz nach dem Motto: „Der Feind in meinem Bett!”
        Anstatt die Branche nachhaltig zu unterstützen wird durch die Neuausrichtung des EDE als Direktanbieter, der Untergang der Branche nur nachhaltig beschleunigt.

  3. @Insider (lobender Beifall),

    es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit bis unser Junior Dr. Andreas Trautwein hinter die schön-schreiberei seiner dilettantischen Zahlen-Jongleure kommt und die Reißleine zieht.

  4. Oho, dynamisches und nachhaltiges Wachstum!
    Das Sortiment ist nochmal um 8,7% gesunken.
    Lächerlich bzw. ist ja Wahnsinn wie toolineo durch den Rückspiegel performt.
    Ohne die Eigenmarken von der EDE sieht´s noch viel schlimmer aus.
    Das kann ja jeder eBay-Garagenhändler besser.

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