Köln, 26. September 2017. Während der DMEXCO waren wir mit dem Digital Confession Drive unterwegs und haben spannende Persönlichkeiten aus der digitalen Wirtschaft interviewt. Ich habe mich natürlich auf ein paar Kracher aus dem B2B Digital Commerce konzentriert und mich so z.B. mit Alexander Ketzler, Geschäftsführer von CERTEO, unterhalten können. Was CERTEO macht, wie man 40 Mitarbeiter ins kalte Wasser der agilen Arbeit wirft, warum man nun Spryker als Commerce OS verwendet und warum man keine Panik vor Amazon Business haben sollte erklärt Alex Ketzler in dem sehr kurzweiligen Interview. Jetzt als Video, Podcast oder Transkription verfügbar.
Lennart: Wir sind bei der Dmexco, beim Digital Confession Drive. Neben mir sitzt Alexander Ketzler – stell dich doch einfach mal vor. Wer bist du und was machst du eigentlich?
Alexander: Ich versuch’s mal: Ich bin Alexander Ketzler, Geschäftsführer bei der Certeo Business Equipment GmbH. Certeo ist die Marke für die digitale Vertriebsplattform für Business Equipment der Takkt AG.
Lennart: Was heißt denn Business Equipment für alle, die nicht aus diesem Umfeld kommen?
Alexander: Naja, wir verkaufen keine Atomkraftwerke. Das wäre ja auch Business Equipment irgendwo. Alles was ein Unternehmen braucht, um sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Z.B. eine Werbeagentur, die Schreibtische braucht, aber nicht weiß, was das Richtige ist, kommt zu uns. Oder ein Schlosser, der eine Sackkarre braucht. Ein Handwerksbetrieb, der eine Werkbank braucht, sich aber nicht darum kümmern möchte, woher und wie schnell er die bekommt. Der fragt uns. Alles, was ein Unternehmen so braucht. “Alles für die Firma” – das ist ein Spruch, leider von einem unserer Mitbewerber, der sagt das eigentlich aus.
Lennart: Certeo ist ja kein Traditionsunternehmen, dass schon hundert Jahre alt ist, sondern ein Corporate Start-up oder eine Corporate Foundation bzw. ein Corporate Spin-Off.
Alexander: Wir sind eine Gründung innerhalb eines Corporates. Gegründet wurden wir vor acht Jahren. Am Anfang haben wir uns innerhalb der Corporate Strukturen bewegt, was Technologie, Aufbauorganisation und Services angeht. Wir haben über die Jahre gemerkt, das funktioniert, und uns darauf konzetriert, die Marke aufzubauen. Wir haben mit dem Sortiment unserer Muttergesellschaft gearbeitet, der Kaiser+Kraft Europa, das hat funktioniert, wir konnten wachsen, allein schon durch den Kundenshift von analog zu digital. Wir haben aber gemerkt, um so richtig groß zu werden und das Potenzial so richtig auszunutzen, müssen wir uns stärker emanzipieren. Da sind wir jetzt gerade.
Lennart: Wie läuft denn das traditionelle Geschäft bei Kaiser+Kraft? Mit Katalogen?
Alexander: Kaiser+Kraft ist sehr erfolgreich. Alle Prozesse für das traditionelle Geschäft haben sie exzellent im Griff. Sie tun sich aber, da trete ich keinem zu nahe, etwas schwer, auf die digitalen Anforderungen der Kunden zu reagieren. Das hat damit zu tun, dass wenn man in einem erfolgreichen Geschäft agiert, die Notwendigkeit zur Veränderung nicht wirklich da ist. Wenn dann jeder das Selbstbewusstsein hat, dass eigentlich alles läuft, wird es selbst für das Top Management schwierig, irgendwelche Direktiven im Mittelmanagement umzusetzen. Das hat man bei der Takkt AG früh erkannt und gesagt, dann bauen wir eine richtige Digitaleinheit auf, um auch davon zu lernen. Wir konzentrieren uns aber außerhalb davon auch auf die Digitalisierung des Kerngeschäfts.
“Wenn dann jeder das Selbstbewusstsein hat, dass eigentlich alles läuft, wird es selbst für das Top Management schwierig, irgendwelche Direktiven im Mittelmanagement umzusetzen.”
Alexander Ketzler, CERTEO
Bei Certeo haben wir die Chance, alles neu zu machen, mit der Erfahrung der letzten Jahre. Alle Fehler, die wir innerhalb der Geschäftsmodelle in den letzten Jahren gemacht haben, positiv für uns in die Umsetzung zu bringen.
Lennart: Würdest du sagen, ihr seid der wahrgewordene, feuchte Traum eines Corporate Start-ups, weil ihr genau das machen könnt: Althergebrachtes Wissen verbinden mit der grünen Wiese?
Alexander: Wenn wir genau so agieren können, wie es uns zugesagt und commitet wurde, dann ja. Dann ist es ein wahrgewordener feuchter Traum.
Lennart: Certeo gibt es seit acht Jahren. Das finde ich sehr lange.
Alexander: Bei der Takkt AG gibt es das noch länger. Ich nehme mal das Beispiel Hoffmann und Contorion: Ich kann selber ausprobieren, Dinge versuchen, darf scheitern und daraus lernen. Daraus kann ich dann ein nachhaltiges Modell bauen. Oder ich ignoriere das alles und muss dann irgendwann schnell ganz viel Geld investieren, um auf einen Stand zu kommen, auf dem wir schon sind. Obwohl wir dann weniger und nachhaltiger investiert haben. War das eine klare Antwort?
Lennart: Ich fand die sehr klar. Mit dem gebührenden Respekt. Wenn man sich eure Mutter anschaut: Kaiser+Kraft, da ist die digitale Transformation auch schon eingeläutet. Es gibt extra einen CDO, bei der Takkt AG gibt es eine eigene digitale Agenda. Man ist einige Beteiligungen eingegangen, z.B. bei Crowdfox.
Alexander: MyDisplays ist gekauft worden, an Adnymics hat man sich beteiligt. Auch die Onlinedruckerei, das sind alles sehr interessante Geschäftsmodelle. Davon partizipieren wir als Certeo direkt.
Lennart: Warum gelingt das bei Takkt so? Es hätte ja jeder andere die gleichen Möglichkeiten gehabt.
Alexander: Ich möchte jetzt nicht lobhudeln. Man muss erst mal sehen, ob das so eintritt. Sowohl bei Certeo, als auch bei Kaiser+Kraft und der Takkt AG. Aber warum läuft das bei uns so relativ reibungslos und warum glaube ich daran? Wir haben einen Vorstandsvorsitzenden, der sich sehr gut im Amerikageschäft auskennt. Er hat frühzeitig erkannt, wohin die Reise geht. Gerade in Amerika finden viele Trends in der Digitalisierung eher statt. Die Hälfte des Umsatzes der Takkt AG wird in den USA erwirtschaftet, da gab es eine sehr klare Sicht auf den Markt. Das Thema wird von oben also massiv unterstützt. Der Erfolg hängt vom Mittelmanagement ab und davon, ob Mitarbeiter mitgenommen werden. Da ist es intelligent zu sagen, für eine etablierte Organisation dauert das länger, daher nehme ich 30 oder 40 Leute zur Seite. Die können an einem gewissen Punkt parallel, ohne Abhängigkeiten der Transformation, ihr Geschäft machen. Sozusagen als zweites Standbein. Die Beteiligungen sind ein drittes Standbein. Wir merken operativ, das bringt uns Impulse und sogar gemeinsame Geschäfte. Der Vorstand trägt das ins Unternehmen, basierend auf der Erkenntnis der amerikanischen Verhältnisse.
Lennart: Es geht also gerade erst los. Aber wenn ich dich richtig verstehe: Ohne Top Management Commitment ist das schwierig?
Alexander: Ohne Top Management Commitment kannst du es vergessen. Auch wenn da geeiert wird. Wenn da Strategiewechsel vorgenommen werden, keine klare Richtung vorhanden ist, in die man vertrauen kann. Keine Chance. Ich bin ja schon etwas älter, habe die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Tourismus schon miterlebt. Da haben Strategiewechsel auch nicht funktioniert. Man muss eine Linie haben, die haben wir bei der Takkt AG.
Lennart: Ihr habt gerade euren System Relaunch mit Spryker gemacht. Ist das die nächste Grundfeste, sich nicht in seinen Systemen zu geiseln, sondern Technologie-Ownership inhouse zu haben, um die Strategie dann auch tatsächlich zu operationalisieren? Wie wichtig ist dir Technologie-Ownership als Geschäftsführer?
Alexander: Essenzieller Bestandteil einer Unternehmung wie wir sie betreiben. Ich denke aber auch, essenzieller Bestandteil jedes Handelsunternehmens heute.
Lennart: Habt ihr eine IT-Abteilung?
Alexander: Wir denken nicht mehr in Abteilungen. Wir denken eher in einer vernetzten Organisation. Wir haben ein Dev-Team bzw. wir bauen eines auf.
Lennart: Wie funktioniert dieses vernetzte Denken über Abteilungsgrenzen?
Alexander: In klassischen Unternehmen gibt es ja dieses Säulendenken. Alle haben ihre eigenen Interessen und Ziele. Der Einkauf hat ein anderes Ziel als der Verkauf. Das ist so, da kann man noch so viele Unternehmensziele drüberlegen. Solange du in diesen Säulen arbeitest, wirst du auch in diesen Säulen denken. Das haben wir bei der Restrukturierung von Certeo versucht, zu berücksichtigen und zu verändern.
Lennart: Wie viele Leute seid ihr bei Certeo?
Alexander: Wir wollen Ende des Jahres 45 Leute sein. Das ist bei uns in Stuttgart aber auch eine Herausforderung, die Leute zu finden, die auch so denken.
Lennart: Das interessiert mich besonders, ich bin ja als Franke Exilstuttgarter. Wie bekommst du das hin, vom Säulendenken in vernetztes Denken zu wechseln in der bestehenden Mannschaft? Das ist selbst mit 40 Leuten schon schwierig.
Alexander: Wir schicken die nicht in Seminare, wir schicken die nicht auf Workshops und wir machen auch keine Motivationsevents am Wochenende. Wir lassen sie so arbeiten. Eiskalt. Einfach ins kalte Wasser. Meine Erfahrung: Jeder merkt relativ schnell, dass das unglaublichen Spaß macht. Über den eigenen Säulentellerrand herauszuschauen, mitzugestalten und mitzubestimmen. Früher hat ein Entwickler das entwickelt, was du ihm gesagt hast. Unsere Entwickler sollen Business denken. Die Entwickler, die wir extern oder intern beschäftigen, tun das auch. Das gilt für jeden.
Ich muss sie das erleben lassen, dann funktioniert es auch. Natürlich kommt aber nicht jeder Mitarbeiter mit. Das muss man akzeptieren. Ich habe jeden gleich gern, keiner ist ein schlechter Mensch, weil er das nicht machen möchte. Ich verstehe, wenn einer lieber in seinem 9-to-5 Säulendenken agiert. Als Geschäftsführung musst du da sagen: Okay, dann musst du halt was anderes machen.
Lennart: Süddeuschland ist sowieso etwas konservativer. Wenn du bei Bosch, Porsche oder Daimler arbeitest.
Alexander: In 10 Jahren sieht Stuttgart so aus wie Detroit heute. Das ist mal so ein Punkt, den ich machen will. Da heißt es vielleicht nicht Digitalisierung, sondern Elektrifizierung.
“In 10 Jahren sieht Stuttgart so aus wie Detroit heute.”
Alexander Ketzler, CERTEO
Lennart: Dann kommen ja alle Leute zu dir?
Alexander: Wenn sie uns kennen, aber uns kennt keiner. Wenn sie uns erleben und merken, dass so zu arbeiten Spaß macht. Wir haben auch ernsthaft überlegt, nach Berlin zu gehen, um dort eine Digitaleinheit aufzumachen. Ich bin überzeugt, dass wir mit den richtigen Konzepten am Standort Stuttgart nachhaltig die richtigen Leute zusammenzubekommen. Sobald einer bei uns im Vorstellungsgespräch war, haben wir gemerkt, dass die Leute Lust hatten, wenn sie die Philosophie verstanden hatten. Dann ist es auch garnicht mehr so die Frage des Geldes. Es geht eher darum, was darf ich machen, was darf ich mitbestimmen, wie sehr kann ich mich verwirklichen? Was bieten die mir eigentlich außerhalb eines Bruttomontasgehalts.
Das muss natürlich ein gewisses Level haben, in Stuttgart kostet ein Bier doppelt so viel wie in Köln, glaube ich.
Lennart: Ihr habt ein klares Wachstumsszenario. Wie viele Certeos braucht es denn? Oder: braucht es noch einen Kaiser+Kraft, wenn Certeo eine gewisse Größe hat und warum?
Alexander: Ja. Weil in der gesamten B2B Welt platz genug ist für zwei Marken.
Lennart: Also was ist besser als die Nummer 1 zu sein? Die Nummer 1 und die Nummer 2 zu sein. Das ist ja in etwa so, wie bei meinem alten Arbeitgeber: Würth und Reca funktionieren ja genau so. Die Philosophie zu sagen, lieber Konkurrenz im eigenen Haus als extern.
Alexander: Unsere Muttergesellschaft sorgt ja aktuell dafür, dass wir so viel investieren können. Aktuell haben wir ja unterschiedliche Zielgruppen, zum Beispiel bei den Kundengrößen. Kaiser+Kraft zielt eher auf die größeren Unternehmen ab, z.B. DAX-Konzerne ab 500 Mitarbeitern am Standort. Wir schauen eher nach den vielen kleinen Kunden, die es da gibt. Das wird sich sicher zwei, drei Jahre noch so fortsetzen. Das entscheiden aber nicht die Unternehmensleitungen von Certeo oder Takkt, sondern die Kunden, das muss man sich klar machen. Wenn ich mich dem Thema von zwei Stellen nähere, dann habe ich höhere Chancen auf Erfolg.
Mein Ziel ist es natürlich, irgendwann mal der Muttergesellschaft alle Investments zurückzuzahlen. Kein Witz. Wenn das nicht klappt, aber es klappt bei denen, bin ich auch glücklich für uns, für die Takkt AG und die Investoren. Aber ich hätte schon Bock auf 500 Millionen Euro Umsatz, mein Gott.
Lennart: Lass uns nochmal kurz auf euer Geschäftsmodell zurückkommen. Ihr seid ein Online Pure Player. Ihr habt einen Shop, was macht ihr noch?
Alexander: Am einfachsten ereichen wir unsere Zielgruppe über das Internet. Das ist daher alles internetfokussiert. Ich halte auch von Print viel, wenn es richtig gemacht wird. Nicht mit der Gieskanne, man kann auch Print intelligent machen. Outbound Calls, halte ich sehr viel davon, wenn man es richtig macht.
Zuerst mal muss man aber eine Plattform schaffen. Die kann der Kunde direkt angehen. Die Zielvorgabe für unser ganzes Team ist, funktional in der Kundenansicht mindestens so gut sein wie Amazon. Das war auch ein Grund dafür, dass wir Spryker genommen haben. Da haben wir die Möglichkeit gesehen, irgendwann auf dieses Level zu kommen und alle Online Services anzubieten, die Amazon auch anbietet. Nicht die nachgelagerten Themen wir Prime, sondern in der User Experience onsite. Das kriegt man hin, man muss es nur wollen.
Wir haben auch andere Modelle, die wir definitv fahren wollen, z.B. mit unserer Tochtergesellschaft Adnymics, die intelligente Printbeilagen machen. Hier wollen wir Kundenbindung herstellen, dem Thema würde ich mich nie verweigern.
Lennart: Contorion sagt ja auch in etwa: Kunden akquirieren ist kein Problem, bei der Retention, der Kundenbindung, geht es eigentlich erst so richtig los.
Alexander: Da fängst du an, Geld zu verdienen. Wir haben keine Probleme, Neukunden zu gewinnen, da sind wir richtig gut. Das aber abzuernten, auch z.B. über Datenanalyse, dafür brauchen wir erst mal die technischen Voraussetzungen und das Know-How. Das bauen wir gerade auf. Da haben wir gewaltiges Potenzial.
Wir haben ja auch das Amazon Thema. Oft heißt es “eure Produkte kann man doch auch bei Amazon kaufen”. Kann man nicht, zumindest den Großteil. Unsere Produkte sind so komplex, da hat Amazon gar kein Bock drauf. Wenn du dir Basketballschuhe kaufst und richtig investieren möchtest, dann schaust du ja vorher und informierst dich. Du beschäftigst dich persönlich damit, weil du einen richtigen Benefit davon hast und auch die Investition abwägst. Bei einem Bürodrehstuhl oder einem Palettenhubwagen ist die Identifikation nicht so hoch, da möchtest du eigentlich jemanden haben, den du fragen kannst. Essenziell für unser Modell ist daher, einen Menschen mit der richtigen Expertise dahinter zu stellen. Das unterscheidet unser Geschäft von anderen. Wir können diesen Asset bieten und glaube, dass Amazon diesen nicht bieten wird, da es nicht in die Amazon Story passt.
“Essenziell für unser Modell ist daher, einen Menschen mit der richtigen Expertise dahinter zu stellen. Das unterscheidet unser Geschäft von anderen. Wir können diesen Asset bieten und glaube, dass Amazon diesen nicht bieten wird, da es nicht in die Amazon Story passt.”
Alexander Ketzler, CERTEO
Lennart: Du glaubst also auch, dass in vielen B2B “Verticals” genug Platz für andere neben Amazon ist?
Alexander: Nicht in allen, sondern da wo z.B. der Logistikprozess nicht so einfach ist. Nische hat weniger mit der Größe als auch mit Konzentrierung zu tun.
Lennart: Wenn ihr solche Statements tätigt, prüft ihr die auch intern ab? Es ist ja nichts gefähricher, als zu sagen: “Amazon bedroht alle, aber uns nicht”.
Alexander: Ja wir prüfen die intern ab. Das zu sagen wäre ja falsch. Wir sprechen schon seit ein paar Jahren mit Amazon. Die wollen uns für ein Sortiment akquirieren, das sie selbst nicht so einfach können. In den USA haben alle gesagt, Amazon Business macht das Geschäft mit den kleinen, mit dem Mittelstand kaputt. Was wir beobachten in den USA: die Großen bestellen da. So ein Siemens Einkäufer, der weiß wie ein Drehstuhl funktioniert, der braucht keine Beratung. Der braucht gute Preise und Procurement. Eher die gehen dann zu Amazon, als die kleinen Unternehmen. Die kleinen suchen eher noch den persönlichen Kontakt. Ich glaube nicht, dass Amazon mit diesem Asset in naher Zukunft aufwarten wird. Der Faktor der Sicherheit über einen Menschen sollte nicht unterschätzt werden. Für uns ist das belegt durch Erfahrungen in den USA.
“In den USA haben alle gesagt, Amazon Business macht das Geschäft mit den kleinen, mit dem Mittelstand kaputt. Was wir beobachten in den USA: die Großen bestellen da.”
Alexander Ketzler, CERTEO
Lennart: Eine interessante Einschätzung zu Amazon Business. “Den B2B” gibt es sowieso nicht. Ihr habt euch das offensichtlich gut überlegt und verifiziert. Was hat denn der klassische Handel dann noch für eine Rolle? Wohin müssen die sich entwickeln?
Alexander: Ich habe keine Ahnung. Mit diesem Unwissen kann unglaublich viel Geld verdient werden. Ich hab da noch nicht drüber nachgedacht.
Lennart: Müssen Händler denn z.B. mehr zu Dienstleistern werden? Also nicht mehr “ich verkaufe dir ein Produkt” sondern “was kann ich noch außenrum machen?”
Alexander: Ich bin leidenschaftlicher Leser. Wenn ich weiß, welches Buch ich kaufen möchte, kaufe ich es bei Libri. Wenn ich aber nicht weiß, was ich haben will, gehe ich in eine Buchhandlung, ich lese mir nicht Rezensionen von Leuten durch, die da irgendwas geschrieben haben. In meiner Buchhandlung weiß ich, da sind Leute, die genau so gerne lesen wie ich. Viele Buchhandlungen werden sterben, weil sie diesen Service nicht mitbringen. Das kann man auf jedes Modell übertragen. Das ist aber so banal, dass das nicht die Lösung ist. Man muss in jedem Zweig sehen, welche Services das sein könnten.
„Wir haben kein Problem, Neukunden zu gewinnen“ …. ja klar! Das nennt man Performance Marketing. (z.B. SEA. Das ist einfach, kostet und kann eigentlich jeder.)
ABER Neukunden zu Bestandskunden/Wiederkäufer zu machen, das kann quasi nur Amazon, oder eBay. Die allermeisten anderen können das nicht. Warum? Ganz einfach weil es einfach niemanden interessiert wo er ein Produkt gekauft hat. Warum? Ganz einfach, der Standard ist Amazon. Wer kommt an den Standard heran? Ganz einfach, eigentlich niemand.
Deshalb, „Wir haben kein Problem, Neukunden zu gewinnen“ Ja, aber ihr schafft es einfach nicht daraus loyale Bestandskunden zu machen. Damit ist das Geschäftsmodell unwirtschaftlich. Übrigens gilt das für Contorion noch viel mehr. Die verkaufen nur absolute Standardprodukte. Ausser vielleicht dem Preis, gibt es dann keinen Grund dort zu kaufen. Warum? Amazon kann das besser für die gleichen blöden Produkte.
Wundert das jemand? Nein! Ausser vielleicht dem Contorion Fanboy. Deshalb ist Kollege Ketzler so vorsichtig in seiner Aussage. Er sieht es nicht anders.