Stuttgart, 06. November 2017. “B2B E-Commerce hebt ab”, viel passender hätten wir das Motto der ersten Auflage des B2B Spezial des DCD nicht wählen können. Selbst die Location im Flughafen Stuttgart war passend zum Motto ausgewählt. Die Erkenntnis, die sich bei mir nach zwei Tagen durchgesetzt hat ist, dass B2B E-Commerce definitiv abhebt. In vielen Fällen sehr schwerfällig und nur durch extrem hohen Kraftaufwand, wie beim Start einer Antonov AN-225, in anderen Fällen leichtfüßig wie bei einer Cessna 172, dafür aber ebenso fragil und leicht zerbrechlich anmutend. Doch egal: es tut sich was! Für alle ca. 220 Teilnehmer, die vor Ort dabei waren, und für alle, die leider aufgrund von Ferien etc. nicht dabei sein konnten, habe ich nochmal die Essenzen der Beiträge und meine persönliche Einschätzung kurz zusammengefasst.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an alle Sponsoren und Partner des Events, sowie an alle Besucher, Speaker und Teilnehmer. Vielen Dank vor allem, für das durchweg positive und überragende Feedback, das wir während und nach der Veranstaltung erhalten haben! Wir freuen uns auf eine neue Ausgabe des DCD B2B Spezials am 24. und 25. Oktober 2018! Save the Date.
Der Artikel ist etwas länger ausgefallen, daher hier die direkten Links zu den einzelnen Recaps:
- Würth
- Berner
- Zamro
- Contorion
- Mercateo
- MRO Panel
- Gastro Hero
- Takkt AG
- Trademachines
- Digital Apartment
- InstaFreight
- Mapudo
Würth: Lessons Learned im Omni-Channel
Der Auftritt von Moritz Schwarz, Sales Director International E-Business, war genauso demütig wie selbstbewusst. Würth, von vielen in der MRO-Branche als das Nonplusultra der E-Commerce Integration bewundert, investiert viel, hat in den vergangenen Jahren viel getan und wird diesen Weg auch konsequent weitergehen. Im Kerngeschäft lautet die Devise, E-Business nicht um der Digitalisierung Willen zu betreiben, sondern rein fokussiert auf den Kunden – und den Außendienstmitarbeiter als Gatekeeper zum Kunden. In den vergangenen Jahren hat Würth viel dafür getan, die Basics, das Fundament zu legen, um das Geschäftsmodell von reinem “Direktvertrieb” über Außendienst hin zum Omni-Channel zu transformieren. Das Thema “Multikanalstrategie” ist das Pferd, auf das Würth setzt. Die Wachstumszahlen des Unternehmens, sofern sie denn an die Öffentlichkeit drängen, zeigen, dass dies im Moment aufgeht. Würth setzt im Kerngeschäft an allen Ecken und Enden digitale Services um und versucht so, den Kundenzugang abzusichern. Eine interessante Aussage von Moritz zum Ende seines Beitrages: “Handwerker sind längst digitalisiert – Sie haben nur Wichtigeres zu tun.”
Fazit: Heute sieht es so aus, als ob Würths Multichannel-Taktik aufgeht. Im Kerngeschäft maschiert Würth voran und betreibt hohen Aufwand, die 32.000 Außendienstmitarbeiter mitzunehmen. Das ist Fluch und Segen zugleich, denn radikale Innovationen, die nicht den Außendienst in hohem Maße berücksichtigen, können heute quasi nicht umgesetzt werden. Das Geschäftsmodell bleibt im Kern somit ein ziemlich teures und angreifbar, je größer und strukturierter die Kunden werden.
Sicher eine besondere Situation, auch für Bernhard Rackl, Senior Director International E-Commerce bei Berner, direkt nach Würth über die eigenen Bemühungen und Bestrebungen im E-Commerce zu sprechen. Auch bei Berner lautet das Zauberwort “Omnichannel”. 7% beträgt aktuell die Onlineumsatzquote. In Köln hat man mittlerweile ein Team von 50 Leuten im E-Commerce aufgebaut. Interessante Ergebnisse brachte eine Kundenstudie, die Berner zuletzt durchgeführt hat. Die Kunden sind in Puncto E-Commerce so heterogen, dass die Aussagen von “Ich würde am liebsten alles über Alexa bestellen” bis hin zu “Wenn der Verkäufer kommt und das Lager auffüllt, habe ich ja keinen Aufwand damit.” Das ist auch ein wenig die Krux des Direktvertriebs im Hinblick auf E-Commerce. Der hohe Service, mit denen Verkäufern ihre Kunden in den letzten Jahrzehnten verwöhnt haben, ist oft einfacher und komfortabler als eine digitale Bestellung oder digitale Services. Berner arbeitet akribisch darauf hin, bis 2020 “Ready for more” zu sein, also die Organisation so entwickelt zu haben, dass E-Commerce auf großem Fuß skalierbar wird.
Fazit: Auch das Berner-Beispiel macht deutlich, dass die großen Etablierten im MRO bei Weitem nicht tatenlos herumsitzen. Allerdings sieht man auch am Beispiel Berner, dass der Außendienst den Takt vorgibt. So gut er auch den Kundenzugang managed, dieses Modell ist für Unternehmen wie Berner & Co. nicht mehr skalierbar. Berner hat eine realistische Einschätzung der Situation: Gerade ist es noch eher ruhig, was aber, wenn der exponenzielle Switch von Umsätzen von analog auf digital erfolgt?
Zamro: Technischer Online-Großhandel
Zamro ist ein spannendes Start-up bzw. Konzern-Spin-Off von Eriks, einem holländischen Unternehmen, das gleichzeitig einer der größten technischen Händler in Europa ist. Floris Jan Cuypers ist CEO und Founder des Unternehmens, dass erst im letzten Jahr gegründet wurde, dieses Jahr jedoch schon in Deutschland den Markteintritt geschafft hat. An diesem Beispiel wird deutlich, welche Vorteile Greenfield-Projekte wie Zamro gegenüber Brownfield-Playern haben. In Rocket-Internetesker Geschwindigkeit will sich Zamro den europäischen Markt erschließen und in weitere Länder ausrollen. Der MRO-Markt in Europa ist ca. 125 Mrd. Euro groß, sehr fragmentiert und mit einem Anteil von 40% SME-Kunden für Online-Player sehr interessant. Zamros Mantra sind “Obsessive Customer Centricity” und “Efficient Purchasing”. Die Zamroni-DNA hat daher auch Kundenzentrierung im Kern.
Fazit: Heimlich, still und leise entert Zamro den deutschen bzw. europäischen MRO-Markt. Die Konstellation aus Eriks-Mitarbeitern und “Freien Radikalen” Digitalexperten, wie Floris Jan (ex-Google, ex-Home24), sowie der Zugriff auf die bestehende Infrastruktur von Eriks erinnert stark an das Grainger-Modell mit Zoro in den USA. Das Unternehmen Zamro erweckt deutlich den Eindruck, dass es Eriks ernst meint und nicht nur “spielen” und “ausprobieren” will. Hier paart sich die Expertise eines Incumbents (Eriks) mit der Expertise der digitalen Welt. Da fällt es selbst alteingesessenen Händlern schwer, etwas zu meckern zu finden.
Contorion: Die Gründer bleiben im Unternehmen
Tobias Tschötsch, der bereits beim DCD im März 2017 auf der Bühne stand, nutzte die Gelegenheit um von der neuen, alten Zukunft Contorions zu berichten. Was hat Hoffmann davon, Contorion zu kaufen? Was hat Contorion davon, sich kaufen zu lassen? Wie geht es weiter? In gewohnt offener Manier erzählte Tobias, dass es sicher nicht das Ziel Hoffmanns war, Contorion “vom Markt” zu kaufen, weil man einen Wettbewerber ausschalten wollte. Viel mehr ging es darum, Technologiekompetenz, Datenkompetenz und Digitales Know-How in den Konzern zu holen. Contorion bleibt unabhängig, die Gründer bleiben an Bord. Die Alternativen für Contorion zu einer Übernahmen durch Hoffmann wäre übrigens eine weitere Finanzierungsrunde mit Venture Capital bzw. Private Equity gewesen. Die finanzielle Sicherheit durch Hoffmann, das Produkt- und Sortimentswissen in vielen Kategorien und die Logistikkompetenz sind Contorion gerade recht, um sich weiter zu entwickeln. Das neue, alte Ziel ist weiterhin die Erfüllung des (dynamischen) Business Plans – und natürlich auch, die Transaktion für Hoffmann zum Erfolg zu machen.
Fazit: Der Auftritt Contorions hat nochmals bestätigt, dass diese Transaktion meine These, dass zunehmend Dynamik in den B2B Digital Commerce Markt kommt, zumindest nicht grottenfalsch ist. Und nein: Contorion ist noch nicht profitabel und wird es auch im nächsten Jahr nicht sein. Man braucht eben einen langen Atem und viel Geld, um in diesem Markt Fuß zu fassen. Der unternehmerische Mut und der Geldbeutel Hoffmanns sollte das also mitbringen.
Dr. Bernd Schönwälder war schon beim Speakers Dinner ein spannender Diskussionspartner. Mercateo setzt voll auf die Karte, zur neutralen Plattform zum digitalen Management der Beziehung zwischen Kunden und Lieferanten zu werden. Dies manifestiert sich in der neuen Plattform Mercateo Unite. Mercateo geht davon aus, dass Intermediäre, Marktplätze, die nicht 10-15% Provision pro Transaktion nehmen, nicht im Mittelpunkt des B2B Digital Commerce stehen werden. Eine interessante These, die auf drei von Mercateo beobachteten Trends fußt:
- Die B2B-Zukunft gehört konfigurierbaren Produkten
- Die B2B-Zukunft gehört Mehrwertdiensten rund ums Produkt
- Die B2B-Zukunft bringt das Gegenteil von Lieferantenreduzierung
Aus Mercateos Sicht bedeutet B2B Kooperation. Daher geht das Unternehmen eine solche mit SAP Ariba ein und wird in deren Spot Buy Lösung integriert. Somit erhält Mercateo ab 2018 Zugang zu allen europäischen SAP Procurement Kunden.
Fazit: Man merkt, dass bei Mercateo überdurchschnittlich viele schlaue Leute arbeiten, die sich überdurchschnittlich Lange mit E-Procurement und B2B Digital Business Themen beschäftigen. Ganz nüchtern betrachtet braucht Mercateo dieses Setup auch, sind sie doch die ersten, die im bestehenden Intermediärsgeschäft von Amazon erdrückt werden könnten. Mercateo Unite ist heute vielleicht etwas vor der Zeit, aber ein interessanter und innovativer Ansatz. Die Frage wird sein, ob Kunden ihn verstehen und die Customer Journey das hergibt. Eine Integration in SAP Ariba erleichtert natürlich den Vertrieb dieser Lösung, die Positionierung als neutraler Plattformanbieter “ohne Böse Absicht” macht Mercateo für digital verzweifelte Verbundgruppen und Verbände kleiner und mittelständischer Händler zu einer attraktiven Alternative, an die sich sicher noch einige hängen werden.
MRO Panel: Wie gewinnt man im digitalen MRO?
Mit Würth, Berner, Zamro, Contorion und Mercateo standen einige der Highlight-Player des europäischen MRO Business, online sowie offline, auf der Bühne. Leider war die Zeit für eine richtig ausführliche Diskussion etwas knapp, immerhin konnten wir aber ein paar neue Aspekte, über die einzelnen Beiträge hinaus, eröffnen. Die Rolle der Hersteller wurde ebenso diskutiert, wie die Frage, ob eine “Winning Strategy” eine Multichannelstrategie sein MUSS. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es demnächst einen Beitrag mit einem Video, Podcast und Transkript genau dieses MRO-Panels geben wird.
Gastro Hero: Mit Excel & analogen Prozessen zum Erfolg
Jens Schütte, einer der Gründer und Geschäftsführer des Dortmunder Start-ups Gastro Hero, gab interessante Einblicke ins Innenleben eines Unternehmens, dass 2013 gegründet wurde, mittlerweile über 140 Mitarbeiter beschäftigt und im letzten Jahr über 34 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftete. Ähnlich wie bei Zamro und Contorion betont Jens, dass die digitale DNA und der Kunde im Zentrum des Handelns des Unternehmens sind. Keine Legacy, die beachtet werden muss, niemand, auf den groß Rücksicht genommen werden muss. Und auch bei Gastro Hero spürt man deutlich, dass B2B NICHT GLEICH B2C ist. Einen Pizzaofen für mehrere Hundert Euro online zu verkaufen ist das eine, sich direkt um Installation und Inbetriebnahme vor Ort zu kümmern, das andere. Gastro Hero lebt von einer langen Kundenbeziehung und der optimierung des Customer Lifetime Values. Das geht nur dann, wenn sich das Unternehmen extrem tief in den Kunden hineindenkt und sozuagen permanent mit ihm in der Küche steht. Damit alles skalierbar und dynamisch bleibt, hat Gastro Hero zumindest am Anfang sehr viele Prozesse nicht direkt ins System geschraubt, sondern lieber erst mal analog abgehandelt. Das hat dem Unternehmen unheimlich geholfen, schnell wachsen zu können und die schnell wachsenden Herausforderungen an das Geschäftsmodell gestalten zu können.
Fazit: Gastro Hero ist längst kein Geheimtipp mehr, wenn es um Anschauungsobjekte für gut gebaute, gut geführte und gut laufende B2B E-Commerce Start-ups geht. Das Unternehmen beherrscht sein Handwerk und ist nicht nur Händler, sondern musste von Beginn an mit hohem Eigenmarkenanteil arbeiten. Das hilft einerseits in den Roherträgen, andererseits macht es das für etablierte Hersteller, die zu Beginn keine Lust auf Gastro Hero hatten, irgendwann schwierig, ihre Produkte noch über vergleichbare Kanäle an die Frau/den Mann bzw. die Restaurantbesitzer zu bekommen.
Takkt AG: Transforming the Elephant
Dr. Felix Zimmermann ist CEO der Takkt AG und ist in dieser Rolle bestrebt, seiner Verantwortung nachzukommen, das Unternehmen in die digitale Welt zu überführen. Dazu macht die Takkt AG ordentlich Ramba-Zamba. Bis 2020 soll das E-Commerce-Geschäft verdoppelt, die Organisation verändert, das Umsatzwachstum erhöht und 50 Millionen Euro in MitarbeiterInnen und Technologie investiert werden. Das Warum, das Was und das Wie hat Takkt dazu in der Vergangenheit herausgearbeitet und konsequent die Action Items daraus umgesetzt. Angefangen bei der Evaluierung der bestehenden Tochtergesellschaften, bezogen auf deren “Digital Readiness, über ein einwöchigen Management Breakout in Barcelona, um die Mitarbeiter auf eine positive Art und Weise zu “Brainwashen”, bis hin zur Ausgliederung des Online Pure Players Certeo aus Kaiser & Kraft, der Entwicklung neuer, digitaler Services für Kunden im Kerngeschäft und der Investition in Start-ups über einen neuen Beteiligungsarm. Takkt spielt die gesamte Klaviatur der “Digitalen Transformation”.
Fazit: Ob sich langfristig der Erfolg der Maßnahmen einstellt, wird man sehen. Kurzfristig sieht es auf jeden Fall sehr gut aus. Die Takkt AG macht das, was jedes Unternehmen vergleichbarer Größe machen sollte. Allerdings hat die Takkt AG auch 15,2% EBITDA-Marge und kann sich diesen notwendigen “Spaß” somit durchaus leisten. Die Lernkurve des Unternehmens dürfte derweil sehr steil sein, ein Wettbewerbsvorteil gegenüber allen, die noch versuchen, digitale Themen an Mittelmanagement und externe Berater zu delegieren.
Trademachines: Digitaler Weltmarktführer
Philipp Klöckner, Geschäftsführer von Trademachines.com und einer der bekanntesten SEOs Deutschlands, gab nicht nur seine 10 Learnings aus einem Jahr B2B Marketing zum Besten, er unterhielt auch mit Kontext zum Thema B2B Digital. Die Kurzversion: B2C wird nur noch schwerlich wachsen, B2B Investitionen sind vom Lohneinkommen jedoch nur indirekt abhängig. Grund genug also, online Baumaschinen und Traktoren an die Frau und den Mann zu bringen. Im B2B Marketing Mix ist “Online” noch nicht besonders relevant, eher so, wie im B2C vor 15 Jahren. Für Trademachines also genug Platz, sich zum digitalen Champion aufzuschwingen. Eines der Haupt-Learnings von Philipp: Der wahre Mangel an IT-Fachkräften besteht darin, dass es zu wenige IT-Vertriebsprofis gibt. “Vertrieb” ist eine der wichtigsten Kernkompetenzen von Start-ups, auch und gerade im B2B. Das GAFA des B2B könnte laut Philipp übrigens SAAS werden: Salesforce, Amazon Web Services, Atlassian und Slack: “Whatever Software you’re building and hustling to sell, It’s a paid feature made available to millions of users for them.”
Fazit: Nicht nur, dass Trademachines ein interessantes Geschäftsmodell ist, da es als Meta-Suchmaschine einen riesigen Teil des online angebotenen Bestands an gebrauchten Bau-, Agrar- und sonstigen Maschinen vereint, auch die Learnings aus einem Jahr B2B Online Marketing sind interessant. Noch immer ist es in vielen Branchen sogar ein Wettbewerbsvorteil, überhaupt etwas in Digitalmarketing zu investieren und sich so seine bestehende und neue Zielgruppen online zu erschließen.
Digital Apartment: Marktplätze statt Verbundgruppen
Pierre Haarfeld ist Mr. Digital Interior Deutschlands. Auf dem DCD B2B Spezial berichtete er davon, wie der Status Quo digitaler Geschäftsmodelle im B2B Home & Living Bereich ist. In einem von Verbundgruppen dominierten Markt ist dieser gelinde gesagt unbefriedigend. Die Verbundgruppen schaffen es nicht, halbwegs anständige Antworten auf die Fragen einer sich anbahnenden, digitalen Zeit zu finden, sondern ergötzen sich an Fusionen, Neueröffnungen von defizitären Möbelhäusern und Schadenfreude über Home24 und dergleichen. Derweil werden diese Incumbents von digitalen Start-ups angegriffen, seien es Monobrands wie das Matratzen Start-up Tuft and Needle (T&N) oder neue Marktplätze, wie der B2B-Teil von Monoqi Business. Dieser wird derzeit zum neuen Marktplatz Nuucon umgebaut und soll demnächst der Vielzahl an kleinen und mittleren Möbelherstellern den direkten Zugang zu Märkten und Händlern ermöglichen.
Fazit: Pierre auf den DCD einzuladen und den provokant betitelten Vortrag dann auch noch gut zu finden, ist keineswegs ein Gefälligkeitsgutachten. Wenn es eine handvoll Menschen gibt, die eine sich feiernde Branche mit überschaubarem Kapital und Ressourceneinsatz schafft, ein vielversprechendes und spannendes Geschäftsmodell aufzusetzen, so wie das mit Nuucon gerade geschieht, sollte das eher zum Nachdenken anregen.
InstaFreight: Digitale Spedition
Der Fracht-Markt in Europa beträgt über 250 Mrd. Euro. Durch die schlechte Digitalisierung, viele Intermediäre, hohe Fragmentierung und intransparente Preise ist er wie gemacht für “Disruption” durch digitale Ansätze. Philipp Ortwein, Geschäftsführer des Berliner, von Rocket Internet finanzierten Start-ups, möchte eine der Speditionen neuer Generation sein. Limitierend ist aktuell die Digital Readyness der Speditionen, die Instafreight als Plattform an sich anschließt. Weder Schnittstellen noch besonders gute Daten sind vorhanden. Daher wurde eine API umgesetzt, mit der verschiedene ERPs direkt angebunden werden können. Aus Kundensicht ist das Feature, online direkt einen verbindlichen Festpreis buchen zu können, wohl am beeindruckendsten. Dazu hat InstaFreight einen Algorithmus entwickelt, der über 50 Faktoren zur Preisberechnung mit einbezieht. So ist z.B. eine Fahrt nach Berlin teurer als eine aus Berlin.
Fazit: Der Transportmarkt ist ein typischer Markt, der von neuen Playern kräftig aufgewirbelt werden wird. In den USA ist das Start-up Flexport, dass ungefähr das gleiche macht wie InstaFreight, mit über 1 Mrd. US-Dollar bewertet. Wenn man als Außenstehender auf diesen Markt schaut, wundert man sich, wie eine ganze Branche so die digitalen Chancen verpassen kann. Das Fenster, diese aufzuholen, wird immer schmaler.
Wir planen beim DCD in Hamburg, der deutschen Logistik-Hauptstadt, am 18./19. April 2018 einen Logistik-Track über ca. 2h. Wer da gerne dabei sein möchte, Tickets für den Digital Commerce Day 2018 gibt es hier.
Auch Mapudo dürfte dem geübten warenausgang.com-Leser kein unbekanntes Unternehmen sein. Niklas Friederichsen, COO, berichtete auf dem DCD B2B Spezial über Mapudos Ambitionen, relativ schnell zum relevanten Marktplatz für Stahl und weitere Werkstoffe zu werden. Natürlich kein leichtes Unterfangen, da wie in so vielen Fällen die Marktdynamik nicht gerade motivierend ist. Dazu kommt, dass auch im Werkstoffhandel Datenqualität, Preistransparenz und weitere, elementare Grundbedingungen für E-Commerce, noch untererfüllt sind. Auch Mapudo braucht also einen langen Atem, denn die digitale Transformation der Stahlbranche hat gerade erst begonnen. Mapudo versteht sich dabei als reiner Marktplatz, der die Besonderheiten des Werkstoffmarktes bedienen will. Der Horizont liegt dabei zwischen 5 und 10 Jahren. So lange wird es dauern, bis im Stahlbereich nach Mapudos Einschätzungen ein relevanter Markt entstanden sein wird. Derweil sieht das Unternehmen aktuelle eine seiner Aufgaben darin, Stahlanbieter E-Commerce-fähig zu machen, um sich so langfristig als Plattform Nr. 1 im Online Werkstoffhandel zu etablieren.
Fazit: Es ist ein hehres Ziel, das sich Mapudo auferlegt hat. Und dazu wird es wohl eine gesunde Portion Ausdauer benötigen. Die Chancen stehen jedoch gut, denn bis auf ein paar Ausnahmen schläft die Branche noch. Zwar ziehen etablierte Anbieter wie Klöckner oder ThyssenKrupp mit eigenen Plattformen nach, doch stehen diese natürlich, wie immer, vor der großen Herausforderung, sich mit Legacy-Themen herumschlagen zu müssen. Das muss Mapudo zwar auch, dafür aber mit Partner, die das eher auf freiwilliger Basis tun, als konzerninterne Transformationsagenturen.
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