Berlin, 21. März 2017. Deutschland ist eine Digitalisierungwüste! Digitale Marktführer aus Deutschland? SAP vielleicht. Mit etwas Abstrichen mag man mittlerweile auch Zalando dazuzählen. Aber im B2B? Da gibt es gefühlt niemanden, der die digitale Katze bisher hinter dem analogen Ofen vorgelockt hat. Doch das stimmt nicht ganz. Auch hier gibt es, ganz in guter alter B2B-Tradition, einen “Hidden Champion”. Doch nicht etwa in OWL oder auf der Schwäbischen Alb, sondern in der Bundesdigitalhauptstadt Berlin.
TradeMachines ist die weltweit führende Online-Suchmaschine für Gebrauchtmaschinen und wurde im Oktober 2013 von Dr. Heico Koch gegründet. Die Meta-Suchmaschine konsolidiert tausende Onlineanzeigen für Gebrauchtmaschinen der verschiedensten Kategorien. Vergleichbare Suchmaschinen aus dem B2C sind trivago (Hotels) oder Swoodoo bzw. Kajak (Flüge). Im neusten warenausgang.com Interview spreche ich mit Heico über das TradeMachines Geschäftsmodell und den digitalen Markt für Gebrauchtmaschinen.
Fakten zu TradeMachines
TradeMachines beschäftigt derzeit 34 Mitarbeiter. Der Monatsumsatz bewegt sich mittlerweile im sechsstelligen Bereich. Der Auftragseingang konnte innerhalb der letzten 12 Monate verdreifacht werden. Für Ende 2017 strebt das Unternehmen die Profitabilität an. Neben Heico Koch ist mit Wieland Knodel ein weiterer Ingenieur in der Geschäftsführung vertreten. Seit gut einem Jahr ist mit Philipp Klöckner einer der Online-Marketing-Virtuosen der deutschen Startup-Szene mit an Bord.
An den Start ging TradeMachines mit einem MVP, der schnell sehr erfolgreich wurde. Im Rahmen einer Finanzierungsrunde über Business Angels konnten auch Gründer bereits erfolgreicher B2C-Metasuchmaschinen (z.B. Idealo.de, Ladenzeile.de, Swoodoo.de) als “Investoren mit Benefits” (Know How, Netzwerk) gewonnen werden. Über eine Crowdfunding-Kampagne wurde zusätzliches Kapital eingesammelt, vor allem von Brancheninsidern.
Mittlerweile ist die Plattform in 8 Sprachen verfügbar, schwerpunktmäßig in Westeuropa, Nordamerika und Asien. In den letzten 3,5 Jahren betrug das “Werbevolumen”, also der konsolidierte Wert der inserierten Maschinen auf TradeMachines ca. 15. Mrd. EUR.
> Wer sich selbst von der Plattform überzeugen will, sich nicht vorstellen kann was eine Metasuchmaschine ist oder einen neuen Traktor, Bagger oder LKW sucht, der kann gerne mal direkt auf TradeMachines.de vorbeischauen.
Dr. Heico Koch von TradeMachines über…
…das Problem das gelöst wird:
Der Online-Markt für Gebrauchtmaschinen war vor TradeMachines extrem fragmentiert. Die Suche nach gebrauchten Maschinen, z.B. über Google, war für die Kunden recht schmerzhaft, da die Angebote so gut wie nicht von anderen Websites unterschieden wurden. TradeMachines ist somit quasi das “Google für Gebrauchtmaschinen”. Mit Maschinenanbietern werden Verträge abgeschlossen, per Crawling werden dann die Anzeigen von den Händlerwebseiten geholt.
…Erwachsenenbildung im Gebrauchtmaschinenmarkt:
In der Branche merkt jeder Händler mittlerweile, dass er ohne das Internet eigentlich keine Maschinen mehr verkaufen kann. Mehr als die Hälfte der Anfragen kommen aus dem Onlinekanal. Im “Checkout” variieren die Ansätze jedoch noch sehr. Viele Transaktionen finden nach wie vor offline statt. Anders bei Industrieauktionen. Hier findet der Großteil der Verkäufe mittlerweile online statt, selbst für hochwertige Güter im siebenstelligen Bereich.
…den Markt und die Zielgruppen:
Bisher hat TradeMachines die fünf Kategorien Bau, Agrar, Transport, Holz- und Metallverarbeitung aufgebaut. Mit Nutzfahrzeugen und Lebensmittel kommen aktuell Nummer sechs und sieben hinzu. Nach eigenen Berechnungen ergibt sich für TradeMachines eine jährliche Marktgröße von 360 Mrd. US-Dollar. Durch die Verschiebung von analog zu digital wächst der Markt für TradeMachines. Die steigende Transparenz im Markt sorgt für einen besseren Planungshorizont für die Nutzer. Die Käufer und Verkäufer können so flexibler auf ihre eigene Unternehmensentwicklung eingehen. Zudem gehen die Werbebudgets auf Verkäuferseite nahezu unidirektional von analog zu digital. Rosige Zeiten also für TradeMachines.
“Unser Marktanteil, gemessen daran wie viele Maschinen derzeit weltweit zur Verfügung stehen, liegt momentan bei ca. 15%.
Dr. Heico Koch
Die speziellen Prozesse, die zur Transaktion von Gebrauchtmaschinen benötigt werde, wie z.B. die Zahlung, sorgen derzeit noch dafür, dass ein Einstieg in ein derartiges Geschäftsmodell für Unternehmen wie Amazon noch recht unattraktiv ist.
Händler können in diesem sich immer stärker digitalisierenden Markt weiterhin ein gutes Geschäft machen, wenn sie es schaffen vom reinen Maschinenvermittler zum Serviceunternehmen für Ab-, Auf- oder Umbau von verkauften Maschinen werden, sich um abwicklungstechnische Fragen kümmern können und für eine reibungslose Logistik sorgen können. Das Servicespektrum ist der USP der Händler. Und dabei vielleicht nischig genug, dass Amazon nur sehr schwer dafür zu begeistern sein wird.
…die Warenströme:
Ein lokaler Deal wird im Gebrauchtmaschinengeschäft immer bevorzugt. Wenn ich also die gewünschte Maschine innerhalb meiner Umgebung entdecke, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass ich diese auch dort kaufe. Ungefähr 1/3 aller Transaktionen sind regional. 2/3 der Deals sind international, wovon nochmal die Hälfte sogar interkontinental sind.
Neben der Verfügbarkeit spielt auch der Preis bzw. die Wirtschaftlichkeit eine Rolle. Maschinen, die z.B. in Westeuropa nach 10 oder 15 Jahren Laufzeit als ineffizient gelten, erfreuen sich in Südostasien häufig dank niedrigerem Lohnniveau noch großer Beliebtheit.
…die Anbieter:
Die größte Anbietergruppe auf TradeMachines sind Händler, gefolgt von Industrieauktionatoren. Es gibt auch einige Hersteller von Maschinen, die sich um das Gebrauchtmaschinengeschäft kümmern. Anders als z.B. im Automobilgeschäft machen Maschinenhersteller jedoch keinen generellen Trend daraus, z.B. zertifizierte Gebrauchtmaschinen auf eigene Rechnung zu verkaufen.
Anbieter werden von TradeMachines vor allem über den persönlichen Kontakt und Outbound Marketing akquiriert. Das Telefon, Webinare, Messen und persönliche Besuche sorgen dafür, dass die Anbieterpipeline stets gut gefüllt ist.
…die Abnehmer:
Klassische Nutzer von TradeMachines sind die professionellen Anwender der Maschinen. So z.B. holzbearbeitende Betriebe aus Thailand, französische Landwirte und österreichische Bauunternehmer. Auch Händler sind eine Zielgruppe für TradeMachines, um eigene Kundenanfragen nach Maschinen bedienen zu können. B2C Kunden sind absolut unrelevant. Es gibt einfach zu wenige Menschen, die sich einen Bagger in den Garten stellen möchten. Ein echtes B2B Geschäft also.
Kunden werden rein über Online-Marketing akquiriert. Dabei spielen vor allem die klassischen Performancekanäle wie SEO, SEA und Co. eine Rolle.
…zusätzliche Services:
Bei Plattformen wie TradeMachines liegt nahe, dass diese ihren “Share of Wallet” beim Kunden durch zusätzliche Serviceangebote ausbauen wollen. Im Maschinenbereich bietet sich vor allem das Thema Finanzierung an. Doch TradeMachines hat vorerst keine Ambitionen, hier zusätzliche Aktivitäten zu starten. Das Potenzial im “Kernproblem”, der Konsolidierung des Online-Gebrauchtmaschinenangebots, ist noch groß genug, um sich weiterhin darauf zu konzentrieren. Lieber hier das beste Tool bieten statt verschiedene halb gare Features anzubieten.
…Technologie- und Datenkompetenz:
TradeMachines entwickelt seine Suchmaschinen komplett selbst. Als technologische Grundlage dienen z.B. PHP oder ElasticSearch. Das Daten- und Datenbankmanagement ist ebenso Kernkompetenz. Hier setzt TradeMachines auf Scala als Programmiersprache. Zwar ist TradeMachines keine “reine” Tech-Company, da die Bereiche Sales und Online-Marketing mindestens genauso wichtig sind, doch die Beherrschung von Technologie und Daten bilden das Fundament des Geschäftsmodells der Metasuchmaschine.
TradeMachines sucht immer kompetente Mitarbeiter. Muttersprachler aller Länder sind heiß begehrt im TradeMachines Vertrieb. In der Entwicklung sucht TradeMachines immer fähige PHP- und Scala-Entwickler. Hier gehts zum TradeMachines Jobportal.
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