B2C Software bringt’s nicht (Teil 1)

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Minneapolis, 17.01.2016. Jahrelang wurde B2C E-Commerce Software als Grundlage zum Aufbau und zur Etablierung digitaler Geschäftsmodelle im B2B verwendet. Viele Jahre ging dies in manchen Fällen auch halbwegs gut. Doch mittlerweile in 2017 angekommen, müssen sich viele B2B E-Commerce-Verantwortliche die Frage gefallen lassen, ob das, was da heute auf den Servern herumliegt und als “Online-Shop” dient, noch ausreichend ist – oder überhaupt je ausreichend war.

Ich beobachte oft, dass sich B2B Unternehmen vom Marketing bestimmter Softwareanbieter eher anleiten lassen, als von einer fundierten Anforderungsdefinition als ersten Schritt. Vor längerer Zeit hatte ich zu ähnlicher Thematik den ersten warenausgang.com Beitrag „Wir wollen, dass die Kasse klingelt“ – warum B2B E-Commerce trotz allem nicht zum neuen B2C E-Commerce wird”. verfasst.

Zu viele Softwareanbieter und Agenturen versprechen heute “geile Frontend-Features” und sonstigen post-faktischen Blödsinn, der den Anforderungen von digitalen B2B Geschäftsmodellen weder mittel- noch langfristig gerecht wird. Dabei ist es relativ einfach, sich die eigenen Use-Cases im Vorfeld in einer Live Demo unter Beweis stellen zu lassen. Nicht falsch verstehen: Magento, Oxid, Shopware, Spryker, OroCommerce, Intershop, Demandware, Hybris & Co. sind alles tolle Softwares. Nur: manche erfüllen – gerade im B2B – den Job einfach um Längen besser als andere.

“Ich kann auf viele Firmen verweisen, die den traurigen Fehler gemacht und sechsstellige Budgets in Anpassungen geschüttet haben, nur um festzustellen, dass sie von Anfang an mit einer B2B-Plattform gestartet haben sollten.” – Brian Strojny

Brian Strojny, Gründer der B2B E-Commerce Software Insite aus Minneapolis hat vor gut anderthalb Wochen auf Linkedin daher die folgende Story veröffentlicht, die ich mit seiner freundlichen Genehmigung (Thank you Brian!) auf Deutsch übersetzt auf warenausgang.com übernehmen darf:

Das richtige Tool für B2B eCommerce auswählen.

Warum Magento und andere B2C Plattformen nicht die beste Wahl für Ihre nächste B2B Seite sind…

Wenn ich mit B2B Entscheidern spreche, die in ihren Unternehmen für ‘digital’ verantwortlich sind, ist diese Story weitaus zu verbreitet: ‘Wir haben eine B2C E-Commerce Plattform gekauft und versucht, sie für unsere B2B Kunden umzubauen.’ Wenn das wie Ihre Organisation klingt, hoffe ich, dieser Artikel rettet Sie vor Jahren von Frustration, verschwendeter Zeit und verschwendetem Geld.

B2C = B2B E-Commerce? Wer so denkt, landet möglicherweise in diesem Szenario. (Quelle: Giphy)

Heute bieten die führenden B2B E-Commerce Seiten und Kundenportale viel mehr als das Amazon oder Nike.com Erlebnis. Sie geben ihren Kunden kraftvolle Online Tools die Geschwindigkeit und Genauigkeit bieten und ihre Jobs einfacher machen. Basisfunktionen wie intuitive Suche, aber auch sehr komplexe Funktionen wie erweiterte Produktkonfiguration, Key Account Mikroseiten und globale Bestandszuordnung sind wichtig. In den Händen Ihrer Nutzer werden diese Tools zur Enterprise Lösung die Beschaffungsfunktionen zwischen Käufern und Verkäufern automatisieren.

Ich bin nun seit 15 Jahren im B2B E-Commerce unterwegs und es beeindruckt mich immer wieder wie B2C Plattformanbieter in Anspruch nehmen, über Nacht zum B2B-Experten zu werden. Agenturen springen auf den Festwagen auf und erzählen ihren Kunden, dass Sie erfahren in B2B sind und ‘kein Problem…ist genauso wie B2C’. Sie erzählen Ihren Kunden, dass sie einfach ein paar Anpassungen an Magento vornehmen und es wird perfekt für ihre B2B Kunden funktionieren. Unglücklicherweise endet dieses Szenario nie gut. Ich kann auf viele Firmen verweisen, die den traurigen Fehler gemacht und sechsstellige Budgets in Anpassungen geschüttet haben, nur um festzustellen, dass sie von Anfang an mit einer B2B-Plattform gestartet haben sollten.

Das Projektbudget in der falschen Software versenkt? So sieht das dann der Vorstand, sofern er das Thema überblickt (Quelle: Blueacorn, Giphy)

Wenn Sie ein B2B-Unternehmen sind und nach der richtigen Lösung suchen oder wenn Sie eine Agentur sind, die ihren Kunden hilft, die richtige Plattform auszuwählen, lassen Sie mich eine kurze Liste mit Funktionen teilen, welche jeder starke B2B-Softwareanbieter leicht und ohne Anpassungen demonstrieren können sollte:

Top 10 Unterschiede zwischen einer B2C (Retail) Plattform und einer B2B (Enterprise) Plattform:

  1. Kunden – Dies ist der deutlichste Unterschied. B2B Unternehmen haben viele verschiedene Kanäle, Nutzertypen und Personas. ‘One Size’ passt eben doch nicht allen.
  2. Zahlarten – B2C ist oft Kreditkarte only. B2B muss Optionen für PO, Bestellfreigaben, Kreditlinien und die Möglichkeit, diese zu kontrollieren, bieten.
  3. Produkte – Sie verkaufen keine simplen Produkte wie T-Shirts oder Tennissschuhe. B2B Produkte sind komplex und benötigen vielleicht sogar erweiterte Angebots- und Konfigurationsfunktionen.
  4. Leistung – Die meisten Firmen lernen dies nicht, bis es zu spät ist. B2B Unternehmen müssen oft eine viel größer Anzahl an Produkten oder Bestellvolumen handhaben als B2C Seiten.
  5. Suche – Alle eCommerce Seiten benötigen eine großartige Suche, aber B2B muss oft die Suche nach Nutzertyp oder dem speziellen Kundensortiment personalisieren.
  6. Multi-site – B2C bietet typischerweise eine Einzelseite. Führende B2B Unternehmen sind in der Lage, Kunden-gebrandete Mikroseiten und Bestellportale für ihre Key Accounts anzubieten.
  7. Check-out – Der B2B Checkout Prozess can sehr komplex sein. Multiple Bestellfreigaben, Zahlartenkomplexität und Kreditlimits machen es schwerer als B2C.
  8. Globalisierung – Die meisten B2B Unternehmen sind global. Nicht nur mehrsprachig und mit mehreren Währungen, sondern auch flexibel genug, internationale Versand- und Steuerthemen handhaben zu können.
  9. Integration – Das ist ein großes Thema. Die meisten B2B Projekte scheitern oder übersteigen das Budget bei weitem am Thema Integration. Unterschätzen Sie die Wichtigkeit von starken Integrationswerkzeugen nicht.
  10. Entwickler Tools – Die Plattform muss starke B2B Funktionen out of the box anbieten, aber der Entwicklercommunity auch erlauben, zu erweitern und zu skalieren und dabei trotzdem auf dem ‘Upgrade-Pfad’ bleiben zu können.

Das Wichtigste, ich würde Ihren Softwareanbieter herausfordern, diese Funktionen und Ihre spezifischen Anwendungsfälle in einer Live Demo zu BEWEISEN. Wenn sie keine Seite hochfahren können, die starke B2B Funktionalitäten aufweist, ist es Zeit, einen anderen ‘Experten’ zu finden, der Ihnen im B2B hilft.

Ich hoffe, diese Tipps bieten Ihnen etwas Anleitung. Ohne Frage ist dies keine erschöpfende Liste, sondern nur ein paar Gedanken um Ihre Auswahl anzuleiten. Es gibt noch weitere Inhalte zu diesem Thema unter www.insitesoft.com/resources.”

Ich finde die Gedanken von Brian sehr gut, wenn sie auch nicht sehr tief gehen und teilweise nur an der Oberfläche kratzen. Ich werde mich selbst an dem Thema versuchen und kurzfristig in einem eigenen Artikel dem Thema: “Wie finde ich eigentlich die richtige Software für mein digitales B2B E-Commerce Geschäftsmodell?” widmen. Stay tuned!

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6 Kommentare

  1. Hallo,

    bin schon sehr gespannt auf den Artikel zu diesem Thema!

    Einige der B2C Software Anbieter haben ja auch schon extra Angebote für den B2B Bereich.
    Shopware:
    https://enterprise.shopware.com/de/loesungen/b2b-commerce/
    Oxid:
    http://www.oxid-esales.com/de/produkte/enterprise-b2b-edition/uebersicht.html
    Magento( Netz98):
    http://www.netz98.de/magento/b2b/
    Und OroCommerce geht ja von Haus aus Speziell in Richtung B2B. Da ist also schon Bewegung drin.

    Zu beachten ist aber sicherlich auch, dass es auch im B2B Bereich recht unterschiedliche Modelle und Kundengruppen gibt. Daher sind auch die Anforderungen an ein Shopsystem sehr unterschiedlich. Einige B2B Händler kommen sicher mit den oben genannten Systemen aus, während diese für andere B2B Händler nicht genügen. So ist es aber auch im B2C Bereich, wer mit einer Lösung von der Stange nicht zurecht kommt, braucht entweder ein extrem modulares System wie Spryker, oder programmiert gleich selbst. Ist natürlich dementsprechend teuer.

    1. Hallo Andreas,

      auf jeden Fall! Ich denke, gerade das, was Shopware im Moment plant und ausrollt, kann sehr erfolgreich werden. Es ist ja auch nicht so, dass pauschal alle “über Nacht” zum B2B Experten werden. Da gehen ja schon auch einige Projekte voraus, in denen Erfahrungen gesammelt werden.

      Trotzdem: dedizierte B2B Software oder Frameworks wie Spryker sehe ich in vielen Fällen im Vorteil. Software wie OroCommerce in den Hardcore-B2B-Fällen, Frameworks wie Spryker da, wo komplexere und z.B. service-getriebene Modelle umgesetzt werden.

      VG
      Lennart

  2. Hallo Herr Paul,
    ich bin ein Fan von warenausgang.com, halte diese Darstellung aber für sehr einseitig. Ein Hersteller stellt hier natürlich sein Produkt dar und legt dabei durchaus valide Argumente vor. Das ist aber nur eine Software gegen die andere.

    B2B E-Commerce Projekte, die wir sehr gut kennen, funktionieren selten mit einer einzigen Shop-Software, sondern sind eine Komposition von vielen Applikationen, die im Unternehmen bereits vorhanden sind (wie das ERP System oder Legacy-Systeme) oder im Zuge des E-Commerce Projektes zusätzlich implementierter Spezial Software wie ein PIM System. Die Vernetzung dieser Systeme zu einer Gesamtlösung ist das, was den nachhaltigen Erfolg einer E-Commerce Lösung ausmacht. Und da kann es durchaus sinnvoll sein, Magento für die Frontend-Darstellung und den Checkout zu nutzen, da es sehr flexibel und leicht anpassbar ist. Die pauschale Aussage, dass “..dieses Szenario nie gut endet” ist schlicht weg falsch, es gibt zahlreiche Beispiele von erfolgreichen B2B Projekten auf Magento Basis. Das sind dann aber immer Gesamtlösungen und kein zum B2B-Tool verbogenes Standalone Magento.

    Dass Sie hier ungefiltert der Darstellung eines Herstellers eine Plattform bieten, widerspricht leider meiner Auffassung von einem Fachblog. Eine etwas differenziertere Betrachtung bei dem komplexen Thema B2B E-Commerce wäre hilfreicher.

    Viele Grüße
    Jörg Kuschezki, Synoa GmbH

    1. Hallo Herr Kuschezki,
      danke für Ihre Anmerkung. Und ja: eine gewisse Einseitigkeit kann ich an der Darstellung nicht verkennen. Das ist leider immer dann der Fall, wenn man gleichzeitig noch ein Produkt verkaufen muss.

      Anyway, Ihre Argumentation ist natürlich absolut richtig und ein wichtiger, wenn nicht entscheidender Aspekt einer B2B E-Commerce Lösung. Natürlich gibt es auch zahlreiche Beispiele von erfolgreichen B2B E-Commerce Projekten auf Magento, Oxid und Shopware-Basis, um hier nur ein paar zu nennen (die Nichtgenannten mögen mir an dieser Stelle verzeihen). Es gibt aber, wie gesagt, auch eine Menge Beispiele, die massive Wombats (Waste Of Money, Brain And Time) waren und sind. Die kommen meist dann zu Stande, wenn man im B2B Hand anlegt, ohne die von Ihnen angesprochene Erfahrung und das Verständnis für komplexere Systemzusammenhänge im B2B zu besitzen. Ähnliches passiert übrigens auch im B2C, wenn “Multichannel-Lösungen” mit Kassensysteme, Filialbeständen, Retoureprozessen usw. integriert werden müssen.

      Wie gesagt, ich sehe unterschiedliche Softwares wie unterschiedliche Werkzeuge, um mal im B2B-Jargon zu bleiben: Jedes Werkzeug für sich erfüllt auf wunderbare Art und weise einen bestimmten Zweck. Leider versuchen aber immer wieder “unbegabte Heimwerker”, mit der Zange eine Schraube in die Wand zu hämmern.

      Viele Grüße,
      Lennart A. Paul

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