“Für uns wäre ein digitales Innovation Lab definitiv der falsche Weg gewesen” – Moritz Schwarz, Würth-Gruppe

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Künzelsau, 02. März 2018. Moritz Schwarz ist nicht nur einer meiner Ex-Kollegen von Würth, er bekleidet dort auch als Head of International E-Business die wichtigste Position im E-Business. Somit ist Moritz nicht ganz unschuldig daran, wie Würth im E-Commerce wächst (“Würth wächst weiter“, Handelsblatt). Beim Digital Commerce Day B2B Spezial in Stuttgart im November hat Moritz die Erfahrungen von Würth mit der Außenwelt geteilt. Spannende Einblicke, hervorragend vorgetragen von Moritz.

Lesezeit: 3 Minuten

DCD B2B #1 Würth Gruppe - Moritz Schwarz: Omni-Channel, aber wie?

Moritz Schwarz über:

…Multi-, Cross- und Omni-Channel:

“Omni-Channel machen wir auch noch nicht brilliant,” offenbart Moritz gleich zu Beginn seines Vortrages. Über 3 Mio. B2B-Kunden weltweit und über 32.000 festangestellte Außendienstler im Direktvertrieb machen die Würth-Direktvertriebs-DNA aus, die gerade durch die Digitalisierung stark herausgefordert wird. Schon vor 15 Jahren hat Würth mit dem Aufbau von E-Commerce-Kanälen begonnen, damals noch per CD und aus heutiger Sicht “hässlichem Frontend”. Mittlerweile erwirtschaftet Würth gut um die 20% seiner Umsätze über digitale Kanäle.

“Multichannel” spielt für Würth schon länger eine große Rolle, nicht nur getrieben durch die Digitalisierung, sondern bereits durch den Aufbau von stationären Niederlassungen, deren Anzahl in Deutschland heute bereits die 450 überschritten hat. Die Rolle der Außendienstler ist somit nicht erst seit der Forcierung von E-Commerce im Wandel, sie war es schon bisher, getrieben durch die Verstärkung der Niederlassungsstruktur.

…die “digitale Transformation” des Vertriebs:

Die Grundlage bildet die Technologie, die Moritz in seinem Vortrag als das “Fahrwerk” beschreibt. Dazu gehört z.B. ein neues PIM-System, das vor ein paar Jahren eingeführt wurde. Würth hat sich außerdem dafür entschieden, nicht aus seinem “Legacy-Ökosystem” auszubrechen, und alles auf der grünen Wiese neu zu machen, sondern sich bewusst für den längeren & steinigeren Weg mit tiefer SAP- und Intershop-Integration entschieden.

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Als zweites war es extrem wichtig, das Commitment des Top-Managements zu gewinnen. Angefangen hat das bei Würth mit der sehr pragmatischen Verortung relevanter Themen in einer “Digitalisierungs-Landkarte”, die alle vier Wochen einen Tag lang mit einem der Vorstände abgeklappert wurde.

“Wir erleben jeden Tag, wie Kunden von uns mit dem Thema Digitalisierung total progressiv umgehen.”

Moritz Schwarz, Würth

Die dritte Säule in diesem Prozess ist die Realisierung von Quick-Wins. So wurde z.B. eine Recommendation Engine eingebaut, die mittlerweile siebenstellige Online-Umsätze pro Monat generiert und nun für verschiedene Kanäle genutzt wird, z.B. auch für den Außendienst. Ein weiterer Quick-Win im Cross-Channel-Marketing sind E-Mail-Kampagnen, die zuerst redaktionell erstellt wurden, heute automatisch vom Außendienst im Kundengespräch getriggert werden können.

“Für uns wäre es definitiv der falsche Weg gewesen, ein Innovation Lab aufzumachen. Bei uns heißt das ‘Schaffe, net schwätze’.”

Moritz Schwarz, Würth

Würth hat im ersten Schritt vor allem verschiedene Ressourcen miteinander digital verknüpft, die sowieso schon da waren. Erst dann wurden die “dicken Bretter” gebohrt, z.B. die Unterstützung des Außendienstes mit digitalen POS-Lösungen, die mehr sind, als nur ein Tablet mit aktueller pdf-Unternehmenspräsentation.

…die Digitalisierung des Handwerks

Würth ist davon überzeugt, dass der reine E-Commerce, also die rein digitale Kundenbeziehung, den Anforderungen der Würth-Zielgruppen nicht gerecht wird. Dazu kommt, dass neben den ersten Schritten in Richtung “Omni-Channel” Würth noch lange nicht am Ziel ist. Neben der inkrementellen Verbesserung des Bestehenden kümmert sich die Unit von Moritz auch darum, neue digitale Services und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Z.B. die Möglichkeit, einem Monteur über Nacht in seinen Lieferwagen zu liefern (ähnlich wie dies Mercedes gemeinsam mit Sortimo und Fischer schon ausprobiert haben).

Fazit: Würth ist mit Sicherheit einer der Top-3-Benchmarks im B2B Digital Commerce in Deutschland. Bei Moritz Schwarz’ Vortrag wird auch klar, warum: Einfach mal machen, statt lange zu überlegen und lieber mal etwas ausprobieren, als es nicht versucht zu haben. Mit dieser tief in der Würth-DNA verankerten Mentalität und dem persönlichen Engagement von Mitarbeitern gelingt es Würth, als einer der wenigen “Supertanker” im Markt auch digital vorne mitzufahren.

 

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4 Kommentare

  1. Würth macht das schon richtig geil. Andere lamentieren, Würth macht!

    Zitat:
    “…z.B. die Möglichkeit, einem Monteur über Nacht in seinen Lieferwagen zu liefern (ähnlich wie dies Mercedes gemeinsam mit Sortimo und Fischer schon ausprobiert haben).”

    Folgerung: Macht Sinn – bei Würth gibt es dann alles, bei Fischer dann aber wohl nur Dübel ;o)

    1. Hier hat wohl ein großer Würth-Fan kommentiert ;-).
      Wir teilen hier eine Meinung, Würth macht schon sehr viel richtig, aber wie Moritz sagt, auch eine Menge nicht.

      Der Würth/Fischer Vergleich hinkt insofern ein wenig, dass wenn man das reine Befestigungsgeschäft Fischers (also ohne Automotive und Fischer Technik) mit dem Würth Kerngeschäft (also auch Befestigungslösungen) vergleicht, Würth wohl eine Menge mehr Herausforderungen aufgrund größerer Heterogenität bei den Kunden und einem breiteren Sortiment hat. Hier könnte Fischer von einer Fokussierung profitieren. Eins ist aber relativ sicher: die Belieferung von kleinen Warenkorbwerten (ein Päckchen Dübel hier, eine Bohrerkassette da) wird den Krieg nicht gewinnen.

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