Manomano: Bricolage connecté

Teile diesen Beitrag in...

Manomano hat erneut Risikokapital eingesammelt. Stolze 110 Millionen Euro flossen in das Pariser Start-up in einer sogenannten „Series D“ Finanzierungsrunde. Zu diesem Zeitpunkt ist der Proof-of-Concept des Geschäftsmodells schon längst erbracht, die aus Investorensicht (Lead-Investoren bei manomano sind General Atlantic und Partech Ventures) unkalkulierbare Unsicherheit früherer Finanzierungsrunden weicht kalkulierbaren Risiken. Bei der Funding-Runde, die für europäische E-Commerce-Start-ups bemerkenswert groß ausfällt, können wir also getrost von Wachstumsfinanzierung sprechen. Insgesamt hat manomano in den letzten 18 Monaten knapp 186 Millionen Euro Wachstumskapital eingesammelt. Zum Vergleich: Contorion wurde 2017 für 130 Millionen Euro an die Hoffmann Group verkauft, die Bewertung manomanos wird mittlerweile deutlich darüber liegen.

Geschäftsmodell in der Übersicht

Manomano ist ein Marktplatz für DIY-Produkte, aktiv in sechs europäischen Ländern: Frankreich (gestartet 2013), Belgien (2014), Spanien, Italien (beide 2015), UK und Deutschland (beide 2016). 

  • Länderübergreifend besitzt manomano mittlerweile 2,5 Millionen Kunden (Stand 2019). Bei der letzten Finanzierungsrunde 2017 waren es noch 1,25 Millionen Kunden.
  • Den von manomano betriebenen Marktplatz „bewirtschaften“ 1.800 Händler, die in der Regel eine Warenkorb-Provision von 20 – 25% bezahlen. Das ist im Verhältnis relativ hoch, Amazon verlangt in vergleichbaren Kategorien ca. 12% auf gleicher Berechnungsbasis.
  • Das Sortiment manomanos umfasst mittlerweile 3 Millionen Produkte, aufgeteilt auf 11 Haupt- und über 100 Sub-Kategorien. Zu den Hauptkategorien gehören:
    • Garten+Schwimmbad
    • Werkzeug
    • Küche
    • Badezimmer+WC
    • Klempner-Sanitär-Heizung
    • Tierbedarf+Tiernahrung
    • Elektro
    • Lampen
    • Boden+Wandverkleidung
    • Eisenwaren
    • Baumaterial
  • Die Erweiterung des Sortiments läuft in hohem Tempo ab. Von 2014 bis Ende 2018 hat manomano täglich ca. 2.400 Produkte zum Marktplatzsortiment addiert. 

Seit November 2018 bietet manomano, ähnlich wie Amazons „Fulfillment by Amazon“ auch Logistikservices für Händler (und Marken?) an. Außerdem betreibt manomano mit Supermano einen online Handwerker-Vermittlungsservice und hat mit manomano Pro in Frankreich auch ein extra B2B-Portal gestartet.

“Es sollte bis zum Ende des Jahres fast 10% unseres Geschäfts ausmachen. Es ist ein echter Akquisitionshebel für ausländische Händler, die ihre Produkte in Frankreich verkaufen wollen, für diejenigen, die derzeit schlecht für den Digitaldruck gerüstet sind und für diejenigen, die Schwierigkeiten haben, den logistischen Aspekt bei Spitzenumsätzen zu bewältigen. Wir wollen Mano Fulfillment auf unsere anderen europäischen Märkte ausdehnen. Wir hoffen, dass wir dies für einen von ihnen in diesem Jahr tun können.”

Philippe de Chanville, Co-Founder manomano über das Fulfillment-Programm (übersetzt aus dem Französischen, Quelle: https://www.journaldunet.com/ebusiness/commerce/1423001-manomano-levee-100-millions-euros/)
Quelle: Screenshot Supermano.fr

Umsatzwachstum

Seit Gründung ist manomano stark gewachsen. Im Gründungsjahr wurde eine Million Euro GMV (Gross Merchandise Volume bzw. Bruttohandelsvolumen) erzielt, im fünften Jahr (2017) bereits 250 Millionen Euro. 2018 erwirtschaftete manomano 424 Millionen Euro GMV, was einem Wachstum von 43% zu 2017 und einer CAGR (Compound Annual Growth Rate = durchschnittliches jährliches Wachstum) von 235,3% entsprach. Ungefähr 75% des Handelsvolumens werden in Frankreich erzielt, 25% in den vier Auslandsmärkten, wobei der „Auslandsanteil“ stark wachsend ist. Für Deutschland wird perspektivisch GMV in Höhe von 200 Millionen Euro angestrebt. Der Gesamtmarkt-Anteil des GMVs auf manomano am europäischen DIY-Markt beträgt ca. 0,21% (bei 200 Milliarden Euro Gesamtmarktgröße). Das GMV 2018 führt zu einem Nettoumsatz manomanos von ca. 85 Millionen Euro (bei durchschnittlich 20% Provision). Das Ziel manomanos ist, bis 2020 allein in Frankreich 1 Milliarde Euro GMV zu erwirtschaften.

“Deutschland ist der größte und am meisten komplexe Markt in Europa und zeichnet sich durch einen sehr starken Wettbewerb sowie besonders anspruchsvolle Kunden aus. Wenn wir in Europa erfolgreich sein wollen, müssen wir in Deutschland erfolgreich sein. Da die deutsche Plattform die jüngste ist, werden wir alles daran setzen, den Produktkatalog und die angebotenen Dienstleistungen zu stärken. Das Ziel ist, sie zur besten Handelsplattform für Heimwerker- und Gartenprodukte auf dem Markt zu machen.”

Aus der manomano-Pressemitteilung zur Finanzierungsrunde

Team und Mitarbeiter

Die Zentrale manomanos ist der Gründungsstandort in Paris, mittlerweile befindet sich in Barcelona ein „Tech Hub“, in Bordeaux befindet sich eine weitere Außenstelle. Über 370 Mitarbeiter beschäftigte manomano 2018, doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor. Weitere 100 Einstellungen sind für 2019 geplant. Das Durchschnittsalter des jungen Unternehmens beträgt 29 Jahre. Über 330 Mitarbeiter besitzen ein LinkedIn-Profil. Aus den Statistiken dort geht hervor, dass im letzten Jahr vor allem neue Entwickler (+78%) eingestellt wurden. Auch ein neuer CTO nahm im Oktober seine Arbeit auf. Ein weiterer Bereich, der stark ausgebaut wird, ist Business Development. Hier wurden in den letzten 12 Monaten ca. 25% mehr Ressourcen geschaffen. Dies ist auch in Deutschland spürbar. Die Länder-Teams bei manomano bestehen hauptsächlich aus Marketing Managern und Business Development Managern. Insgesamt ist manomano sehr zentral organisiert. Das Team, dass den deutschen Markt bearbeitet, umfasst mittlerweile ca. 15 Mitarbeiter und wird von Nils Kernchen geführt.

Relevant für den digitalen DIY-Markt

Im DIY findet ein großer Channel Shift von analogen in digitale Kanäle statt. Auch Baumarktkunden bestellen gerne online. Im Markt ist dieser Trend bei den etablierten Unternehmen in Europa (z.B. Obi, Leroy Merlin, Kingfisher, etc.) bereits weitläufig erkannt, doch wenn sich in diesen Tagen die Branche wieder zum europäischen Stelldichein beim DIY-Summit trifft, werden traditionell wenige Anbieter wirklich gute Online-Lösungen auffahren können. In Deutschland betreiben OBI, Hornbach & Co. großen Aufwand E-Commerce auszubauen, doch können sie mit den Wachstumszahlen von Amazon oder manomano bei Weitem nicht mithalten. Was folgt sind die typischen, naiven Reaktionen: etablierte Unternehmen freuen sich über 15% E-Commerce-Umsatzwachstum, während Amazon mit 30% und manomano mit über 50% in der gleichen Zeit wächst und ihnen somit aktiv online Marktanteile abnimmt. Sätze wie „Aber wer Samstagmorgen aufwacht, sieht, dass schönes Wetter ist, und seinen Gartenzaun streichen will, der fährt dann halt doch in den Baumarkt,“ werden leider noch zu oft gesagt, um das Gewissen zu beruhigen. Von der „Beratung im Baumarkt und im Fachhandel“ ganz zu schweigen.

“In jedem der europäischen Länder, in denen wir tätig sind, wachsen wir um mehr als 200%.”

Philippe de Chanville, Co-Founder manomano (übersetzt aus dem Französischen, Quelle: https://www.journaldunet.com/ebusiness/commerce/1423001-manomano-levee-100-millions-euros/)

In der Berichterstattung über die letzte Finanzierungsrunde spricht die WirtschaftsWoche über die „Revolution im DIY“. Fehlt nur noch der Vergleich mit AirBnb und jemand, der sagt, manomano sei „Amazon in nicht-böse“. Nüchtern heruntergebrochen, sehe ich eher eine kundenseitige Evolution, die vonstatten geht. Einfach gesagt, ist es wie in anderen B2C-Kategorien: Warum in den Baumarkt fahren, wenn man das Gartenhäuschen auch nach Hause geschickt bekommen kann? Anbieter wie Amazon oder manomano sind einfach deutlich schneller zur Stelle, wenn es darum geht, die Kunden online abzugreifen. Frei nach Woody Allen: „80% of success is just showing up.“ Die enorme Sortimentsbreite und -tiefe im DIY-Markt (von Garten über Bau bis zu Fischfutter) hat bisher andere Start-ups eher abgeschreckt bzw. sich auf Nischen konzentrieren lassen.

Quelle: Screenshot manomano.fr

Bei Marken löst manomano gewisse Begeisterung aus. Französische Hersteller, bzw. Niederlassungen deutscher Hersteller in Frankreich, sind „begeistert“ von der Zusammenarbeit mit manomano. In Frankreich empfehlen Industrieverbände ihren Herstellern sogar die Arbeit mit dem Marktplatz. Händler, die auf manomano teilnehmen, freuen sich, am Wachstum partizipieren zu können – schließlich wächst man selten einfacher, als in wachsenden Märkten, wie z.B. dem digitalen DIY-Markt. Ich sehe manomano als extrem relevant für Hersteller, Marken und Händlern von DIY-Produkten. Der Marktplatz hat das Zeug, sich zum „Category Killer“ für DIY aufzuschwingen und einen ähnlichen Weg zu gehen, wie Zalando das im „Digital Fashion“ Bereich gegangen ist. Zalando ist heute, über 10 Jahre nach der Gründung, auf dem besten Wege, zum „Betriebssystem für Digital Fashion“ zu werden.

Bald auch relevant für B2B?

Manomano Pro ist vor Kurzem in Frankreich gestartet. Hätte sowas vor fünf Jahren bei mir noch für große Begeisterungsstürme gesorgt, sehe ich auch das heute deutlich nüchterner. Zu offensichtlich ist mittlerweile, dass sich die Positionierung von reinen online Playern gegenüber Systemanbietern wie Würth, Sonepar und Co. in den potenzialstarken Kundenklassen im Handwerk und dem produzierenden Gewerbe als schwierig darstellt. Allein Contorion hat es bisher in Deutschland nachhaltig geschafft, für einen gewissen „Carve Out“ im Kleinkunden-B2B-Bereich zu sorgen. Marktplätze wie Procato, Gott hab‘ ihn seelig, oder Toolineo darben mehr als dass sie streben. Die Corporate Start-ups Zamro (NL) oder Klium (BE) scheinen zwar zu wachsen, aber eher kontrolliert als exponentiell. Amazon Business konzentriert sich derweil in Europa stark auf das Thema Procurement und fokussiert die Longtail-Beschaffung von mittelgroßen bis riesigen Kunden. Wie stehen in dieser Gemengelage die Chancen von manomano Pro?

In Frankreich wurde der von mir bis zuletzt als erfolgsversprechend gehandelte Marktplatz Outiz von Saint Gobain kürzlich eingestellt. Die Gründe hierfür sind mir nicht zu 100% bekannt, ich tippe jedoch auf „zu kostspielig bei zu wenig Return“. Ob das aber am Markt oder an der Umsetzung liegt, bleibt zunächst unerschlossen. Für manomano liegt aus Produktsicht natürlich nahe, sich in weitere Zielgruppen hineinzufräsen. Doch unterscheiden sich die Kunden im B2B länderübergreifend noch stärker als B2C-Kunden. In Deutschland, online wie offline einer der wettbewerbsintensivsten Märkte im Bereich Befestigungsmaterial, Sanitär, Elektro und Werkzeuge, scheint die Tür dafür schon einigermaßen zu. Deutsche B2B-Kunden sind generell anspruchsvoller und speziell im Handwerk stark an ihre bestehenden Lieferanten gebunden. Für Frankreich kann ich mir gut vorstellen, dass manomano eine ähnliche Wachstumsstory wie Contorion schafft – bei Fokus auf die eher kleinen und weniger betreuungsintensiven Kundensegmente. Das muss keinesfalls im Widerspruch stehen, denn in Frankreich steht B2B E-Commerce heute ungefähr dort, wo er in Deutschland 2013/2014 stand.

Fazit

Das Wachstum und die Entwicklung manomanos sind wirklich beeindruckend. In sechs Jahren auf über 400 Millionen Euro GMV auf europäischer Skala zu wachsen ist vorher nicht vielen E-Commerce-Start-ups gelungen. Manomano gelingt online, was den Etablierten nicht gelingt: Sie wachsen stärker als Amazon. Somit spielt das Unternehmen in der E-Commerce Champions League und begegnet nicht nur etablierten Baumärkten auf Augenhöhe. Im DIY-E-Commerce traue ich den Franzosen, die sich selbst als „europäisches Unternehmen“ bezeichnen, zu, mit Amazon perspektivisch einen Zweikampf um das Category Leadership zu führen. 

“Rentabilität ist derzeit weder für uns noch für Investoren ein Thema.”

Philippe de Chanville, Co-Founder manomano (übersetzt aus dem Französischen, Quelle: https://www.journaldunet.com/ebusiness/commerce/1423001-manomano-levee-100-millions-euros/)

Das Unternehmen muss dazu noch stärker eine Tech-Firma werden und ihre Digital-Sales-Fähigkeiten und -Fertigkeiten ausbauen. Zudem ist der Versuch, eigenes Fulfillment aufzubauen, deutlich bedeutender, als „nur“ einen Service für Hersteller, Marken und Händler zu bieten. Zwei wichtige Vorteile manomanos liegen auf der Hand: Sie können sich auf DIY konzentrieren und sie profitieren vom schlechten Image Amazons, da sie bereits relevante Größe und GMV vorweisen können. Im B2B-Bereich ist es noch zu früh, eine Einschätzung treffen zu können.Manomano ist lange nicht perfekt – das sieht man z.B. am uralten Metabo-Logo auf der Startseite. Im Start-up-Zirkus ist Perfektion in der Regel jedoch eher ein Wachstumshindernis.

Quellen: 

https://gruender.wiwo.de/manomano-online-baumarkt-erhaelt-110-millionen-euro/

http://unternehmen-heute.de/news.php?newsid=562902

https://www.linkedin.com 

https://www.journaldunet.com/ebusiness/commerce/1423001-manomano-levee-100-millions-euros/)

Teile diesen Beitrag in...

Ein Kommentar

  1. Die Provisionen die du nennst sind zumindest für Werkzeug und Gartengeräte falsch. Ich weiß von einem Händler der nur 9% zahlt 😉

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.